Es passiert selten, ist aber tragisch: Jedes Jahr sterben vier bis fünf Frauen pro Jahr an Geburtskomplikationen. Heute entfällt mit dem Tod der Mutter der Anspruch auf den 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub. Dies will der Nationalrat nun ändern und stimmte deshalb der parlamentarischen Initiative «Mutterschaftsurlaub für hinterbliebene Väter» zu.
«Es ist schwer vorstellbar, welche Herausforderungen der betroffene Elternteil bei einem Todesfall neben der Trauer zu bewältigen hat», sagte die GLP-Nationalrätin Tiana Angelina Moser.
Deshalb sei es umso erstaunlicher, dass diese Situation bis heute ungeregelt sei. «Nun liegt eine Lösung vor, die in den wenigen Fällen Sicherheit und Zeit schafft, sich um das Neugeborene zu kümmern und das Leben neu zu organisieren.»
Wollt ihr wirklich die Menschlichkeit opfern für 120'000 Franken im Jahr?
Neu soll der hinterbliebene Vater oder die hinterbliebene Mutter Anspruch auf 16 Wochen Urlaub haben. Stirbt die Mutter während des Mutterschaftsurlaubs, soll der Vater die 14 Wochen beziehen können, zusätzlich zu den zwei Wochen Vaterschaftsurlaub, die ihm sowieso zustehen. Stirbt der Vater, sind es zwei Wochen Vaterschaftsurlaub, welche der Mutter zugute kommen sollen.
«Gesetze braucht es oft zum Schutz von Minderheiten und bei ausgewiesener Härte», sagte Manuela Weichelt (Grüne/ZG). Deshalb sei es folgerichtig, dass der Nationalrat hinterbliebenen Müttern oder Vätern ermögliche, dass er oder sie beim neugeborenen Kind sein kann, entschädigt werde und die Arbeitsstelle nicht verliere.
Die grosse Kammer hiess die Vorlage, ausgelöst durch eine parlamentarische Initiative der früheren St. Galler GLP-Nationalrätin Margrit Kessler, mit 171 zu 1 Stimmen bei 22 Enthaltungen gut. Kessler forderte ursprünglich 14 Wochen Urlaub für hinterbliebene Väter.
Die vorberatende Kommission des Nationalrates hatte beantragt, einen über die Erwerbsersatzordnung entschädigten Urlaub von 14 Wochen einzuführen.
Die Übertragung des Anspruchs des anderen Elternteils lehnte sie ab: Hinterbliebene Väter sollten lediglich zwei Wochen Vaterschaftsurlaub zugute haben, und für hinterbliebene Mütter hätte der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub nicht an den Mutterschaftsurlaub angerechnet werden sollen.
«Simple Logik»
Der Rat entschied sich aber für den grosszügigeren Vorschlag einer Kommissionsminderheit, der die ursprünglich in die Vernehmlassung geschickte Version mit 16 Wochen verlangte. 20 Wochen Urlaub, die eine zweite Minderheit verlangte, lehnte der Nationalrat jedoch ab.
Der Vorschlag für 16 Wochen folge einer simplen Logik, sagte Jörg Mäder (GLP/ZH). Der Anspruch des einen Elternteils werde einfach auf den Hinterbliebenen übertragen, also 14 plus 2 respektive umgekehrt. «Wollt ihr wirklich die Menschlichkeit opfern für 120'000 Franken im Jahr?», fragte Mäder.
Mit der gewählten Version wolle der Rat verhindern, dass der Mutterschafts- respektive der Vaterschaftsurlaub erlösche, sondern auf den hinterbliebenen Elternteil übertragen werde, betonte Flavia Wasserfallen (SP/BE).
Auch der Bundesrat sprach sich für die von der Ratsmehrheit beschlossene Variante aus. Die Folgekosten seien vernachlässigbar, sagte Bundesrat Alain Berset. Die Kosten für 2024 werden auf 120'000 Franken geschätzt. 80'000 Franken entfallen auf den Urlaub für hinterbliebene Väter und 40'000 Franken auf den Urlaub für hinterbliebene Mütter. Die Vorlage geht nun in den Ständerat.