- In mehreren Schweizer Labors werden Blutproben auf Antikörper gegen das neuartige Corona-Virus getestet.
- Das Inselspital Bern verzichtet derzeit noch darauf, weil die Qualität der Resultate noch ungenügend untersucht sei, sagt der Direktor der Universitätsklinik für Infektiologie.
- Das Problem sei, dass ein Nachweis von Antikörpern im Blut nicht zwingend bedeute, dass jemand auch immun sei.
Wird der menschliche Körper von einem Virus angegriffen, so beginnt normalerweise nach einigen Tagen die Abwehr: Es werden Antikörper gebildet, die die potenziell gefährlichen Eindringlinge bekämpfen sollen. Antikörper können mittels Bluttest nachgewiesen werden.
Anders der Test mit Nasen- und Rachenabstrichen (PCR-Test): mit diesem wird das Virus direkt nachgewiesen, was aber nur in der akuten Krankheitsphase möglich ist. PCR-Tests sind wichtig, um Covid-19 zu bestätigen.
Bluttests erfolgen später, da die Immunabwehr erst verzögert im Blut nachweisbar ist. Damit kann aber eruiert werden, wie viele Personen mit Sars-CoV-2 infiziert waren – auch wenn sie nicht oder nur mild erkrankt sind.
Fachleute wollen mit grossangelegten Bluttest-Studien deshalb die Durchseuchung herausfinden, also wie stark das Virus die Bevölkerung tatsächlich befallen hat – und wie hoch der Anteil jener ist, die nach einer Erkrankung Antikörper gebildet hat.
Grosses Potenzial, aber...
Die Dunkelziffer an Corona-positiven Personen ist entscheidend für die Planung einer möglichen Lockerung der bundesrätlichen Massnahmen. Mehrere Labors sind daran, Blutproben zu untersuchen, an mehreren Universitätsspitälern laufen Forschungsprogramme.
Nun werden Stimmen laut, die zur Vorsicht aufrufen. Dazu gehört auch der Chefarzt und Direktor der Klinik für Infektiologie am Berner Inselspital, Hansjakob Furrer. Im Interview mit «10vor10» sagt er, das Inselspital wende die Tests noch nicht an, denn «der Qualitätsnachweis ist für uns noch nicht gegeben.»
Furrer sieht durchaus grosses Potenzial. So könnte in erster Linie Spitalpersonal getestet werden, um nach einer Erkrankung wieder eingesetzt werden zu können. Auch für die Bevölkerung seien die Erkenntnisse wichtig, da so die Epidemie besser erfasst werden könne.
Immunisierung nicht nachgewiesen
Derzeit sei es aber verfrüht, sich einzig auf solche Tests abzustützen, denn entscheidende Fragen seien noch nicht geklärt. Dazu gehöre ein zentraler Wert, nämlich wie viele Antikörper es brauche, um wirklich geschützt zu sein. Diesen Schwellenwert kenne man noch nicht, sagt Furrer. Deshalb bedeute der reine Nachweis einer gewissen Menge Antikörper im Blut noch lange nicht, dass jemand als immun gelten könne.
Was der Infektiologe zuallererst geklärt haben will: Ist die Anwesenheit von Antikörpern überhaupt mit einer Immunisierung gleichzusetzen? Furrer sagt, die Hinweise darauf seien durchaus vorhanden, nur mit Sicherheit könne man das noch nicht sagen. Eine Einschätzung, die andere Fachleute teilen, etwa Adriano Aguzzi von vom Unispital Zürich, der eine Studie zur Durchseuchung der Bevölkerung führt.
«Was wir wissen ist, dass wenn Menschen die Erkrankung durchgemacht haben, sie sich dann nicht wieder anstecken und krank werden innerhalb von wenigen Wochen», doch für wie lange dies anhalte, wisse man nicht. «Und was wir auch nicht wissen: Wenn die Antikörper da sind und die Menschen nicht krank waren, also wie wir sagen, eine asymptomatische Infektion da war, ob dann dieser Schutz auch gegeben ist.»