- Zahlreiche Städte, Gemeinden und Kirchgemeinden wären bereit, mehr Flüchtlinge von den Ägäischen Inseln aufzunehmen.
- Aber ihr Angebot sei bisher weder vom Bundesrat noch vom Staatssekretariat für Migration (SEM) genutzt worden.
- Nun wiederholen sie ihren Aufruf. Doch das SEM bekräftigt seine Haltung und weist die Vorwürfe zurück.
Die acht grössten Städte der Schweiz und acht Gemeinden seien schon mehrmals bei Bund vorstellig geworden, aber ihr Angebot sei «stets unerhört verhallt», wird Thierry Steiert (SP), Stadtammann von Freiburg, in einer Mitteilung der Bewegung #EvakuierenJetzt zitiert. Sie seien sich bewusst, dass die Asylpolitik in der Zuständigkeit des Bundes liege.
Aber die Städte wollten zusammen mit dem Bund «pragmatische Wege finden, wie eine zusätzliche Aufnahme von Flüchtlingen und deren Verteilung umgesetzt werden könne», erklärte die Berner Gemeinderätin Franziska Teuscher (Grüne) zudem. Auf Bundesebene fehle einfach der politische Wille, ergänzt Raphael Golta (SP), der Sozialvorsteher der Stadt Zürich.
«Zustände verschlechtern sich»
Vor einem Jahr hatten 132 Organisationen und über 50'000 Menschen den Osterappell von #EvakuierenJetzt unterschrieben. 16 Städte und Gemeinden schlossen sich zur Allianz «Städte und Gemeinden für die Aufnahme von Flüchtlingen» zusammen. Und zwanzig weitere Gemeinden erklärten sich bereit, Geflüchtete aufzunehmen.
Seitdem hätten sich die Zustände für die Menschen in den Lagern in Griechenland noch einmal «massiv verschlechtert», vor allem durch den Brand des Lagers Moria im September 2020, heisst es in der Mitteilung.
Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International leben in den Notfallunterkünften statt der geplanten 3500 Flüchtlingen nun 6900 Menschen. Die Schweiz habe zwar humanitäre Hilfsgüter geschickt, hiess es weiter. Und die Aufnahme von 97 unbegleiteten Minderjährigen sei zu begrüssen. Doch das reiche bei weitem nicht aus.
Keller-Sutter zu Stellungsnahme aufgefordert
Von den 1600 besonders schutzbedürftigen Menschen, die der Bundesrat im Rahmen des Resettlement-Programms habe aufnehmen wollen, hätten bisher nur 330 Personen in die Schweiz einreisen können. Dies, obwohl die Zahl der Asylanträge allein im letzten Jahr um fast ein Viertel auf den niedrigsten Wert seit 2007 gesunken sei.
#EvakuierenJetzt fordert deshalb vom Bund, den Dialog aufzunehmen und seine humanitären Hilfsprogramme auszuweiten. Amnesty seinerseits ruft den Bundesrat auf, die vollständige Evakuierung des Lager Moria auf europäischer Ebene zu unterstützen und ein grosses Kontingent von Flüchtlinge von den griechischen Inseln aufzunehmen. Justizministerin Karin Keller-Sutter müsse zum Angebot der Städte und der Gemeinden Stellung nehmen.
SEM bleibt bei seiner Haltung
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) wiederholte die Position des Bundesrates: Wenn die Städte vermehrt Flüchtlinge aus Krisengebieten aufnehmen wollten, dann sei das zwar «ein begrüssenswertes und positives Zeichen». Doch in einer Ad-hoc-Übung Migrantinnen und Migranten aus einem EU-Land in die Schweiz zu holen, sei «nicht zielführend».
Über die direkte Aufnahme von Migrantinnen und Migranten entscheide allein der Bund in Absprache mit den Kantonen. Für den Bundesrat stehe ausserdem weiterhin «klar die Hilfe vor Ort im Vordergrund», hält das SEM fest.