Psychische Erkrankungen sind auf dem Vormarsch und müssen als Gesundheitsrisiko auch am Arbeitsplatz mitgedacht werden. Immer mehr IV-Renten werden wegen psychischen Erkrankungen ausgezahlt. Deshalb wollen Behörden und Arbeitswelt nun vermehrt hinsehen, bevor Angestellte oder Vorgesetzte länger ausfallen.
Edith Siegenthaler vom Gewerkschaftsdachverband Travail Suisse möchte Gegensteuer geben: «Es ist nicht wie auf dem Bau, wo die Aufforderung, einen Helm zu tragen, schon eine Schutzmassnahme darstellt. Es ist schon ein bisschen komplexer.» Die psychischen Risiken am Arbeitsplatz seien nicht zu unterschätzen.
Travail Suisse will zusammen mit dem Bund Angestellte auf psychische Erkrankungen sensibilisieren. Sie informieren auch darüber, dass die kantonalen IV-Stellen beraten oder begleitend helfen können, um einen Ausfall wegen einer psychischen Erkrankung zu vermeiden.
Auch der Arbeitgeberverband engagiert sich
Zu den persönlichen Folgen bei einem Arbeitsausfall kommen jene für Unternehmen und verbleibende Angestellte. Sie müssen einspringen oder zusätzliche Arbeit übernehmen.
Darum engagiere sich auch der Arbeitgeberverband, sagt Verbandsvertreterin Barbara Zimmermann-Gerster: «Ausfälle kosten, Fluktuation kostet. Deshalb sind die Arbeitgebenden daran interessiert, ihre Mitarbeitenden in guter Gesundheit zu haben und zu behalten.»
Wenn wir von der IV sprechen, denken alle mal an Rente. Und das ist wirklich falsch.
Der Verband werde daher interessierten Unternehmen Wege aufzeigen, wie Betroffenen die Schritte zurück in den Arbeitsalltag leichter fallen. Zusammen mit den ausfallenden Arbeitnehmenden, den Ärzten und den Arbeitgebenden soll geprüft werden, welche Arbeit noch verrichtet werden kann. Man soll auf die Ressourcen achten und nicht auf eine grundsätzliche Arbeitsunfähigkeit.
IV ist nicht nur die IV-Rente
Den Fokus auf die Ressourcen erachtet auch Thomas Pfiffner, ein Vizepräsident des Verbands kantonaler IV-Stellen, als wichtig. Zudem betont er die Rolle der IV: «Wenn wir von der IV sprechen, denken alle mal an Rente. Und das ist falsch. Die IV ist eine Integrationsversicherung. Wir machen vor allem berufliche Eingliederung.»
Diesbezüglich gebe es noch immer ein grosses Informationsdefizit. Das soll sich ändern. Das ist auch eine Reaktion darauf, dass inzwischen über die Hälfte der neuen IV-Renten wegen psychischer Erkrankungen ausgezahlt wird.