Mit erstaunlichen 59,1 Prozent Nein-Stimmen scheiterte die Unternehmenssteuerreform III vergangenen Sonntag an der Urne. Von einem klaren Misstrauensvotum war die Rede. Von einer Klatsche nicht bloss für die Politik, sondern auch für die Wirtschaft, deren Verbände sich geschlossen hinter die Vorlage gestellt hatten.
Klar ist: Die Schweizer Steuerprivilegien für international tätige Firmen werden vom Ausland längst nicht mehr akzeptiert, eine neue Lösung muss deshalb auf den Tisch – und zwar zackig. Doch wie soll diese aussehen?
«Es ist kompliziert» – reicht nicht
Auf jeden Fall einfach verständlich, findet der ehemalige UBS-CEO Oswald Grübel zum Auftakt der «Arena»-Sendung. «Man gewinnt keine Kampagne, indem man sagt: Es ist kompliziert.» Eine Abstimmungsvorlage, die sich nicht in einem Satz zusammenfassen lasse, sei beim Volk chancenlos.
SP-Nationalrätin Jacqueline Badran bezweifelt indes, dass dies als alleinige Erklärung für das wuchtige Nein ausreicht. Die Vorlage sei schlicht und einfach schlecht gewesen. «So etwas lässt sich auch nicht schönreden.»
Man habe das Fuder überladen und Mittelstand wie KMU zu wenig in die Kampagne einbezogen, sagt auch Konrad Graber (CVP). Sein Ständeratskollege Ruedi Noser, der an vorderster Front für die USR III gekämpft hatte, gibt sich dennoch verhalten optimistisch. «Wir werden im Parlament relativ schnell eine neue Basis finden. Entscheidend ist, dass wir alles entschlacken.»
Droht ohne Steuerwettbewerb das Chaos?
Fragen müssen sich Politik und Wirtschaft dabei unter anderem, welche Rolle das Land künftig beim internationalen Steuerwettstreit spielen will. Zieht die Schweiz weiter munter mit im Steuerpoker oder besinnt sie sich selbstbewusst auf andere Qualitäten? Von letzteren gebe es einige, sagt Ständerat Graber. Zwar seien die Steuern ein gewichtiger Faktor für Unternehmen. Doch letztendlich zeichne sich die Attraktivität der Schweiz insbesondere durch ihr hohes Bildungsniveau, die gute Infrastruktur und Stabilität aus.
Einen Einwand gibt es von Ex-UBS-Chef Oswald Grübel. Der Reichtum der Schweiz sei zu einem grossen Teil auf Steuerwettbewerb aufgebaut worden. «So einfach kann man sich nicht davon verabschieden, ohne die Wirtschaft ins Chaos zu treiben.» Von einem sorgfältigen Wandel will allerdings Nationalrätin Jacqueline Badran nichts wissen. Sie ist vielmehr der Meinung, das Land befinde sich mitten in einem «völlig ausgearteten Steuerwettbewerb». Die Schweiz müsse aufhören, hier Vorreiter zu sein.
Nach der Abstimmung ist vor der Abstimmung
Weniger Fokus auf internationale Steuerwettkämpfe, mehr Rücksicht auf die einfachen Leute: Diese Forderung einer Zuschauerin wird von der Runde gemeinhin gestützt. Allerdings gibt Ruedi Noser zu bedenken, dass das Einkommen des Schweizer Mittelstandes in Vergleich zu allen anderen europäischen Ländern jüngst zugelegt habe. «Wir schlagen uns relativ gut in unserem Land.»
Ob dies so bleibt, wird unter anderem auch davon abhängig, welche Lehren Wirtschaft und Politik aus der verlorenen Abstimmung ziehen. Steht doch schon in Kürze die nächste Bewährungsprobe an, bei der es einige Gräben zu kitten gilt: Die Rentenreform. Für Konrad Graber hängen diese zwei Vorlagen direkt zusammen. «Wenn wir die Abstimmung zur Altersvorsorge nicht gewinnen, wird auch eine USR III in zweiter Auflage keinerlei Chancen haben.»
Zum Schluss gibt es wie immer versöhnliche Töne bei der «Arena». Jonas Projer will von seinen Gästen wissen, wer aus der Runde das Zeug zum Top-CEO hätte. Die Antworten fördern durchaus Überraschendes zutage. Sehen Sie HIER.