Lieferungen von Schweizer Munition aus Deutschland an die Ukraine sollen zugelassen werden, sagte Mitte-Präsident Gerhard Pfister in der «Arena» am Freitagabend, in der die Parteispitzen aufeinandertrafen. Was gerade in der Ukraine passiere, habe unmittelbare Folgen auf unsere Sicherheitslage.
«Die Schweiz und ihre demokratischen Werte werden in der Ukraine mitverteidigt», so Pfister weiter. Dass der Bundesrat die Anfragen aus Deutschland zur Munitionslieferung bisher abgelehnt habe, sei als «unterlassene Hilfestellung an die Ukraine» zu werten.
«Nach dem jetzigen Recht ist es nicht möglich, dass der Bundesrat solche Lieferungen freigibt», widersprach ihm FDP-Präsident Thierry Burkart. «Das wäre ein Bruch mit der Neutralität.»
Keine gesetzliche Grundlage
In Zukunft müsse man sich aber überlegen, so Burkart, ob demokratischen Ländern mit strengen Waffenausfuhrregeln erlaubt werden soll, Kriegsmaterial aus der Schweiz im Konfliktfall an andere Demokratien weiterzugeben.
Auch GLP-Vizepräsidentin Melanie Mettler forderte eine Anpassung des Waffenexportregimes. Neutralität bedeute nicht, keine Haltung zu haben oder wertefrei zu sein.
Für die Schweiz ist das ein existenzielles Sicherheitsrisiko.
Alle anderen Parteien lehnen Kriegsmaterialexporte an kriegsführende Parteien grundsätzlich ab. So auch die SVP. «Auf keinen Fall darf die Schweiz Kriegsmaterial an eine kriegsführende Partei liefern», sagte Roger Köppel, Mitglied der Parteileitung.
Diskussion für SVP «brandgefährlich»
Wenn die Schweiz Kriegsmaterial über ein anderes Land an die Ukraine liefere, umgehe sie ihre neutralitätsrechtlichen Verpflichtungen. Dadurch werde sie zur «Kriegspartei». Gleichzeitig könne sie auch ihre Friedensfunktion nicht mehr wahrnehmen.
Eine integrale Neutralität, wie sie Roger Köppel fordert, hat es so noch nie gegeben.
Er fordert eine sofortige Rückkehr zur «integralen Neutralität». Geht es nach Köppel wären damit auch Sanktionen verboten. Die Schweiz rutsche immer tiefer in diesen Krieg hinein. «Ich bin entsetzt über die Selbstverständlichkeit, mit der die anderen Parteien die Neutralität aufweichen wollen.»
Eine solche strikte Neutralität, wie sie Roger Köppel fordere, habe es so in der Schweiz noch nie gegeben, entgegnete Burkart. Die Neutralität beruhe auf dem Völkerrecht und sei in der Vergangenheit unterschiedlich ausgestaltet worden.
Energiesouveränität statt Waffenlieferungen
Für die SP ist die Frage der Waffenlieferungen hingegen ein Ablenkungsmanöver von rechts. Der wirkungsvollste Hebel, den die Schweiz habe, sei der Finanzplatz, sagte SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer.
«Die Schweiz ist die Drehscheibe für russisches Oligarchengeld, für den russischen Rohstoffhandel, hier müssen wir ansetzen». Man dürfe nicht mehr wegschauen. Nur so könnte die Schweiz einen wesentlichen Unterschied für die Menschen in der Ukraine machen.
Gesetzliche Grundlagen gefordert
Grüne-Präsident Balthasar Glättli pflichtete ihr bei. Wenn Pfister sage, die Schweiz werde in der Ukraine mitverteidigt, könne man analog auch sagen, Putin werde im Kanton Zug aufgerüstet, sagte Glättli. 80 Prozent des Rohstoffhandels liefen über Zug und Genf.
«Das ist, was anerkanntermassen die Kriegskasse füllt.» Man müsse schleunigst wegkommen von russischem Gas und vorwärtsmachen mit der Energiesouveränität. Die SP will die in der Schweiz eingefrorenen Vermögen von sanktionierten putin-nahen russischen Oligarchen der Ukraine zum Wiederaufbau zukommen lassen.
«Es ist nur richtig, dass diese Vermögen dem Land zugutekommen, das vom Putin-Regime gerade zerstört wird», sagte Meyer. Dafür solle eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden.