Jörg Linder, Pinar Özcevik und Luzi Aebi können stolz sein: Sie haben vor Kurzem ihre Lehrabschlussprüfung gemacht und sind nun ausgebildete Baristas, Kaffeespezialisten mit Diplom quasi.
Luzi Aebi weiss jetzt beispielsweise ganz genau, wie man eine Herzfigur aus Milchschaum auf den Cappuccino seiner Gäste zaubern kann: «Man muss Kreise machen von oben und dann wegziehen wie ein Flugzeug», erzählt er.
Gelernt hat er diese und andere Fähigkeiten in seiner Ausbildung, wo er am Ende eine Prüfung ablegen musste. Dabei ging es nicht nur um die Praxis, sondern auch um Fragen wie die Herkunft des Kaffees oder zur Hygiene in einem Gastrobetrieb. Keine einfache Aufgabe, denn Aebi hat wie auch seine beiden Mitarbeitenden eine geistige Beeinträchtigung.
Geübt wurde mit Rollenspielen und Piktogrammen
Luzi Aebi, Jörg Linder und Pinar Özcevik arbeiten im Café Einzigartig, einem öffentlichen Café mitten in der Unterbaselbieter Gemeinde Arlesheim. Begleitet wurden sie während ihrer Ausbildung von Claudia Glaser. «Die Ausbildung war für uns Neuland. Wir mussten zuerst herausfinden, wie wir diese gestalten wollen. Am Ende wurde es dann ein tolles Projekt», sagt die Sozialpädagogin. Die Ausbildung entstand in Zusammenarbeit mit dem Basler Unternehmen Kaffeemacher, welche neben zwei Kaffees auch Kurse rund ums Kaffeemachen anbieten. Die Ausbildungsunterlagen wurden möglichst einfach mit Piktogrammen gestaltet. Geübt wurde mit Rollenspielen.
Gegründet wurde das Café Einzigartig von Tobias Seewer, dessen Mutter das Wohnheim Wydenhöfli in Arlesheim für Menschen mit Beeinträchtigung führt. Das Thema Inklusion beschäftigt ihn darum schon lange. «Mein Ziel ist zu zeigen, dass Inklusion auch einen wirtschaftlichen Mehrwert bringen kann», sagt der 34-Jährige. Dafür müsse man sich aber auf ein Produkt konzentrieren und dies ist im Fall des Einzigartig eben der Kaffee.
Mein Ziel ist zu zeigen, dass Inklusion auch einen wirtschaftlichen Mehrwert bringen kann.
Die Ausbildung zum Kaffeespezialisten sei für ihn eine Frage der Gleichberechtigung: «Wenn alle Menschen, so wie es auch im Menschenrecht ist, gleichbehandelt werden sollen, dann nachher müssen Mitarbeiter mit und ohne Behinderung die gleiche Möglichkeit haben.»
Ein Recht auf eine Ausbildung für alle
Seewers Vision ist, dass nach Abschluss des Pilotprojekts in Arlesheim auch andere Cafés und Gastrobetriebe eine solche Ausbildung anbieten und Stellen schaffen für Menschen wie Luzi Aebi, Jörg Linder und Pinar Özcevik. «Die Ausbildung ist extrem wichtig, auch für die Selbstverwirklichung eines jeden Menschen.»
Das grösste Hindernis sei jedoch die Finanzierung, weil eine solche Ausbildung gar nicht vorgesehen sei, und so würde derzeit auch der Kanton nichts daran zahlen, sagt Tobias Seewer.
Nach der bestandenen Abschlussprüfung geht für die drei neuen Baristas des Café Einzigartig derweil der Alltag wieder weiter. Die nächsten Gäste warten schon auf ihren Cappuccino, natürlich liebevoll verziert mit einem Herz.