Während zehn Jahren arbeitete die gelernte Verkäuferin C.S. für die Kiosk-Betreiberin Valora. Zuletzt führte sie in Zürich am Escher-Wyss-Platz einen kleinen Kiosk. Doch der Druck war gross. C.S. hört seit Geburt schlecht und leidet an einer neurologischen Störung. Die Symptome verschlimmerten sich, sie konnte sich immer schlechter konzentrieren.
Irgendwann wuchs ihr die Arbeit im Kiosk über den Kopf. Im November 2005 wurde sie verwarnt, anfangs 2006 kündigte ihr die Valora. C.S. sagt heute, sie sei damals froh gewesen, dass der Druck nicht mehr da war. Doch von der Firma habe nie jemand gefragt, weshalb sie überfordert gewesen sei.
Verfahren über Jahre hinausgezögert
Nach der Kündigung sagte sich C.S.: «Ich gebe nicht auf und suche eine neue Stelle.» Doch sie fand keinen Job mehr, musste zur Arbeitslosenkasse. Zwei Jahre nach der Kündigung, meldete sich C. S. selbst bei der Invalidenversicherung (IV) an. Dieses Verfahren dauerte sage und schreibe fast zehn Jahre. Natalie Lang, die Anwältin von C.S., wirft der Valora-Pensionskasse vor, diese habe alle Rechtsmittel ergriffen, um das Verfahren zu verzögern.
Kein Wunder möchte die Valora-Pensionskasse nicht, dass C. S. eine Rente von der Invalidenversicherung bekommt. Denn gemäss Gesetz wäre sie dann verpflichtet, ebenfalls eine Rente zu bezahlen.
IV-Stelle spricht Rente
Im Jahr 2017 entschied die Invalidenversicherung nach umfassenden Abklärungen, C.S. sei nicht mehr arbeitsfähig, entsprechend stehe ihr eine ganze Rente zu. Rund 1700 Franken pro Monat. Dieser Entscheid gilt auch für die Valora-Pensionskasse. Anwältin Natalie Lang betont, Gutachten würden belegen, dass C.S. schon während ihrer Arbeitstätigkeit krank gewesen sei. Die Valora habe ihr ja gekündigt, weil sie den Kiosk nicht mehr richtig führen konnte. Die Pensionskasse von Valora bestreitet das. Sie erhob Einspruch gegen die Rente von der IV.
Ohne Pensionskassenrente muss C. S. mit gut 2000 Franken pro Monat auskommen. Das bedeutet massive Einschränkungen, nur gerade das Nötigste kaufen.
Das müsste nicht sein. Denn die IV hat den Einspruch der Pensionskasse abgeschmettert und entgegnet, dass C.S. «seit Januar 2006 in ihrer Arbeitsfähigkeit erheblich eingeschränkt gewesen» war. C.S. arbeitete bis Ende März 2006 im Kiosk, war also damals noch angestellt.
Für den Sozialversicherungs-Experte Ueli Kieser ist der IV-Entscheid klar: «Die Versicherte wurde während ihrer Anstellung bei der Valora arbeitsunfähig. Und wenn man während der Tätigkeit arbeitsunfähig wird, dann muss die Pensionskasse bezahlen.»
Valora-Pensionskasse sperrt sich nach wie vor
Doch die Valora-Pensionskasse lehnt eine Rente noch immer ab. Sie schreibt «Kassensturz», sie halte sich an die gesetzlichen Vorgaben. Und: «Der Pensionskasse wurde ein normaler Austritt gemeldet. Danach war Frau S. arbeitslos und hat 400 Tage volle Beiträge bezogen.»
Experte Ueli Kieser kritisiert, C.S. werde bestraft, weil sie versucht habe, eine Stelle zu finden: «Es ist falsch, aus der Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung automatisch abzuleiten, dass jemand nicht invalid ist.»
C.S. hat keine Wahl. Möchte sie doch noch eine Rente von der Pensionskasse, müsste sie vor Gericht klagen.