Das Telefon klingelt im Minutentakt, das Wartezimmer füllt sich: Es ist schon einiges los, morgens um acht in der Gemeinschaftspraxis im luzernischen Oberkirch. Fünf Ärztinnen und Ärzte arbeiten hier, kümmern sich um die unterschiedlichsten Bedürfnisse ihrer Patientinnen und Patienten. «Die Leute kommen wegen Herzproblemen, psychosozialen Schwierigkeiten, Gelenkschmerzen – wir decken hier jeden Tag das ganze Spektrum der Hausarztmedizin ab», sagt Fabian Bachmann.
Bachmann ist einer der Ärzte hier, und diese Vielfalt gefällt ihm. «Ich könnte mir nicht vorstellen, mich als Spezialist nur noch um ein einziges Organ zu kümmern», sagt der 35-Jährige.
Ich könnte mir nicht vorstellen, mich als Spezialist nur noch um ein einziges Organ zu kümmern.
Doch Leute wie Fabian Bachmann fehlen vielerorts. Vor allem auf dem Land: Ein Arzt für jedes Dorf – diese Zeiten sind vorbei. Hausärzte im Pensionsalter haben Mühe, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu finden. Viele Jungmediziner arbeiten lieber in einem städtischen Umfeld mit gutem Bildungsangebot für ihre Kinder und reicherem kulturellen Leben - oder sie spezialisieren sich auf einen bestimmten Bereich.
Förderprogramm bringt Nachwuchs für Arztpraxen
Der Kanton Luzern gibt hier Gegensteuer. Bereits 2013 lancierte er ein Programm zur Nachwuchsförderung: Junge Assistenzärztinnen und -ärzte absolvieren dabei eine mehrmonatige Praxisassistenz bei einem Hausarzt, dazu gibt's spezifische Praktika in Spitälern, etwa in den Bereichen Hals-Nasen-Ohren oder Orthopädie. Das Ziel: Der Nachwuchs soll Einblick bekommen in die Hausarztmedizin – und das Rüstzeug erhalten für eine selbständige Tätigkeit.
Die Bilanz nach knapp zehn Jahren: 144 Jungärztinnen und -ärzte absolvierten das Programm, 65 von ihnen sind heute in einer Hausarztpraxis im Kanton Luzern tätig.
Bald geht eine ganze Ärzte-Generation in Pension
Christian Studer, Leiter des Programms, ist mit diesen Zahlen zufrieden. Aber: Aus dem Schneider sei Luzern damit aber noch lange nicht. «In den kommenden sieben, acht Jahren kommt ein grosser Teil der heutigen Hausärzte ins Pensionsalter, dann zeichnet sich ein Mangel ab», sagt Studer. «Und zwar auch, weil die neue Generation eher Teilzeitpensen bevorzugt.» Es brauche daher vielerorts gleich mehrere Nachwuchskräfte, um einen pensionierten Arzt zu ersetzen.
In sieben, acht Jahren zeichnet sich ein Mangel an Hausärztinnen und Hausärzten ab.
Die Krankenversicherer begrüssen das Luzerner Förderprogramm. «Hausärztinnen und Hausärzte sind für das Gesundheitssystem günstiger als ein Spital, bei dem immer eine grosse Infrastruktur mitfinanziert werden muss», sagt Matthias Müller, Sprecher des Krankenkassenverbands Santésuisse.
Nachwuchsleute dürfen nicht in die Stadt abwandern
Wichtig sei aber, dass die Nachwuchsleute auch dort praktizieren, wo sie gebraucht würden: auf dem Land. «Wenn sie in die gut versorgten städtischen Zentren abwandern, treiben sie dort nur die Krankenkassenprämien in die Höhe», so Müller.
Christian Studer, Leiter des Luzerner Förderprogramms, sieht hier die heutigen Hausärzte in der Pflicht. «Sie müssen ihren jungen Kolleginnen und Kollegen mehr Praktikumsmöglichkeiten anbieten und ihnen die Vorteile einer Praxis auf dem Land aufzeigen», sagt er.
Bei Fabian Bachmann, dem jungen Hausarzt in Oberkirch, hat das geklappt. Zu Beginn des Förderprogramms habe er zwar etwas Bammel gehabt, sagt er. «Aber das Praktikum war eine geniale Zeit, und mir wurde klar: Ich will auf dem Land arbeiten.»