Im März vor fünf Jahren kommt es in Japan zur Kernschmelze. Ausgerechnet in Japan, einem Land, dessen Kernkraftwerke als so sicher galten wie die der Schweiz. Nichts mehr ist wie vorher. Auch eingefleischte Verfechter der Kernenergie kommen ins Zweifeln. Zum Beispiel der Solothurner CVP-Mann Pirmin Bischof, Verwaltungsrat des AKW Gösgen: «Die Welt ist nicht mehr die gleiche wie vorgestern. Mit den Ereignissen in Japan stellen sich für die Schweizer Kernkraftpolitik ganz wesentliche Fragen und es werden alte Fragen neu aufgerollt.»
In Deutschland geht es schnell: Kanzlerin Angela Merkel nimmt die sieben ältesten Kernkraftwerke vom Netz. Sie sind alle jünger als Beznau und Mühleberg. Die anderen deutschen Kernkraftwerke müssen bis 2022 abgeschaltet werden.
40 oder 45 Jahre Laufzeit
In der Schweiz springen die Grünen auf den Zug auf und lancieren ihre Atomausstiegsinitiative, über die wir Ende November abstimmen. Bei den Grünen laufen intern Diskussionen. 40 Jahre Laufzeit sind genug, finden die einen. 45 Jahre sind politisch chancenreicher, finden die anderen. Letztere setzen sich durch.
Dann kommt der überraschende Auftritt von Energieministerin Doris Leuthard. Wegen ihrer Nähe zur Kernenergie trug sie in linken Kreisen einst noch den Spitznamen Atom-Doris. Ausgerechnet sie verkündet den Bundesratsentscheid: «Wir bauen keine neuen AKW mehr.» Und sie verkündet noch mehr: Die Energiewende.
Leuthard auch für Ausstieg
«Ich habe mir diesen Entscheid auch mit meiner Herkunft und meinen Erfahrungen bestimmt nicht einfach gemacht. Wir haben viel gestritten, viel diskutiert. Aber ich bin überzeugt, das Ganze ist richtig», sagt sie. Die Energieministerin will Strom sparen, unabhängig werden vom Erdöl, die erneuerbaren Energien fördern, und sie ist damals auch in Sachen Ausstiegsdatum gar nicht so weit weg von der Grünen. 2011 sagt sie: «Wir machen nicht einen sofortigen Ausstieg. Etwa in zehn bis zwölf Jahren. Bis dahin müssen wir die beiden AKW Beznau und Mühleberg ersetzen.»
Das wäre also 2021, spätestens 2023. Die Axpo hält aber daran fest. Sie will Beznau, das älteste Kernkraftwerk noch zehn Jahre länger, bis 2032 am Netz lassen. Und auch das Parlament hat sich von der Grünen Atomausstiegs-Initiative nicht unter Druck setzen lassen. Es beschliesst, dass die bestehenden Kernkraftwerke so lange am Netz bleiben können, wie sie sicher sind. Und ob sie noch sicher sind, darüber entscheidet alleine die Nuklearaufsichtsbehörde Ensi.
Festgesetzte Ausstiegsdaten – das gibt es in der Schweiz also bisher nicht.