- Die Schweiz stimmt dem UNO-Migrationspakt vorläufig nicht zu.
- Der Bundesrat hat beschlossen, der Konferenz fernzubleiben, an welcher der Pakt verabschiedet wird.
- Die Landesregierung will den Ausgang der Parlamentsdebatte abwarten, bevor sie entscheidet.
Der Migrationspakt soll an einem Gipfel vom 10. und 11. Dezember in Marokko besiegelt werden. Die UNO will damit zum ersten Mal Grundsätze für den Umgang mit Migranten festlegen. Inzwischen ist der Pakt aber in mehreren Ländern umstritten. Bisher haben die USA, Israel, Australien, Österreich, Ungarn, Polen, Tschechien, Bulgarien und Estland dem Pakt eine Absage erteilt.
«Der Bundesrat war sich nicht bewusst, wie delikat dieses Thema ist», sagt Elisabeth Schneider-Schneiter, die Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates zu SRF News. Sie begrüsst den Entscheid der Landesregierung: «Migration bewegt die Menschen, dieses Soft-Law widerspricht dem schweizerischen Recht. Der Bundesrat hätte das Parlament frühzeitig in die Diskussionen einbeziehen müssen.»
Ich werfe dem Gesamtbundesrat Angst vor der eigenen Überzeugung vor.
Martin Nef (SP/ZH), der Vizepräsident der aussenpolitischen Kommission des Nationalrats, hingegen ist enttäuscht über den Marschhalt des Bundesrates. «Ich werfe dem Gesamtbundesrat Angst vor der eigenen Überzeugung und Inkonsequenz vor. Und irgendwo auch, das er seine Rolle nicht wahrnimmt.»
Spätere Annahme bleibt möglich
Die Schweiz wird an der Konferenz in Marokko nicht teilnehmen. Eine spätere Zustimmung schliesst der Bundesrat aber nicht aus: Er wolle den Ausgang der parlamentarischen Debatte zum Pakt abwarten, bevor er endgültig dazu Stellung nehme, schreibt er.
Der Bundesrat ist nach wie vor überzeugt, dass der Migrationspakt den Interessen der Schweiz entspricht. Dieser bezwecke nämlich eine geordnete Migration, was zum Rückgang der irregulären Migration beitragen würde, heisst es in der Mitteilung.
Widerstand aus dem Parlament
Im Oktober hatte der Bundesrat beschlossen, dem Pakt mit einigen Vorbehalten zuzustimmen. Anschliessend konsultierte er die Parlamentskommissionen. Dort stiess er auf Widerstand: Drei Kommissionen fordern, dass das Parlament entscheiden kann. Eine Kommission sprach sich dafür aus, dass die Schweiz den Pakt im Dezember annimmt.
Dem National- und dem Ständerat liegen in der Wintersession Vorstösse dazu vor. Gefordert wird zum einen, dass das Parlament über die Zustimmung der Schweiz entscheiden kann. Zum anderen wird verlangt, dass die Schweiz dem Pakt nicht zustimmt. Der Ständerat wird am 29. November und der Nationalrat am 6. Dezember darüber befinden – also noch vor der Konferenz in Marokko.
Bürgerliche gegen Migrationspakt
Rechte Parteien hatten in den letzten Wochen europaweit Stimmung gemacht gegen den Migrationspakt. In der Schweiz wird der Widerstand von der SVP angeführt. Auch FDP- und CVP-Vertreter zeigen sich aber skeptisch. Die Gegner befürchten, aus dem rechtlich nicht bindenden Pakt könnten politische Forderungen abgeleitet werden. Die SVP warnt vor offenen Grenzen und weltweit freiem Personenverkehr.
Im Pakt steht allerdings geschrieben, die Staaten könnten ihre eigene nationale Migrationspolitik bestimmen und innerhalb ihres Rechtsraumes die Migration regeln. Auch führt der Pakt kein Menschenrecht auf Migration ein. Er hält jedoch fest, dass Menschenrechte auch für Migranten gelten.