Die Aargauer Gemeinde Spreitenbach zählt über 12'000 Einwohnerinnen und Einwohner, sie hätte im Kanton Stadtgrösse erreicht. Spreitenbach liegt im Limmattal, zwischen Baden und Zürich und ist wie die ganze Region im Aufbruch. Die Gemeinde baut wieder Hochhäuser, aber für eine andere Klientel als früher. Sie will weg vom «Betonklotz-Image».
In den 1960er-Jahren galt Spreitenbach als fortschrittlich. Die Gemeinde baute Hochhäuser, wie man sie nur aus Amerika kannte. 1970 entstand hier parallel zum Bau der Autobahn A1 das erste grosse Einkaufszentrum der Schweiz, das Shoppi Spreitenbach. Das Land blickte staunend nach Spreitenbach. Das Shoppingcenter galt gar als Sehenswürdigkeit.
Treffpunkt Shoppingcenter
Das Shoppi bot den Hausfrauen neue Einkaufsmöglichkeiten. Hier konnte man sich treffen, essen gehen, ins Hallenbad, kegeln und in späteren Jahren die Kinder im Kinderparadies «abgeben». Zudem veränderte sich das Wohnen mit dem Bau der Hochhäuser: «Die Annehmlichkeiten der modernen Blockwohnung waren ein Quantensprung bezüglich Lebensqualität für die Mutter Josefina, die in einem Bauernhaus aufgewachsen war», heisst es im Buch Zeitgeschichte Aargau.
Bauboom in Spreitenbach
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Bild 1 von 6. Hochhäuser, Shopping Malls: In den 1970er-Jahren kannte man das in der Schweiz vor allem aus Amerika. Hier befindet sich das Spreitenbacher Hochhaus im Bau. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 6. Man war stolz auf den Riesenbau mitten im Dorf. Im Bild: Eine Informationsveranstaltung der Transplan AG im Rohbau des Einkaufszentrums Shoppi Tivoli in Spreitenbach 1969. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 6. Ein neues Einkaufserlebnis mitsamt Unterhaltung im Hallenbad, beim Kegeln. Später kam das Kinderparadies dazu. Das Shoppi Tivoli, wie es ab 1974 hiess, ist national bekannt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 6. Spreitenbach hat heute über 12'000 Einwohnerinnen und Einwohner. Der Ort ist vom Bauerndorf auf Stadtgrösse gewachsen. Die Nähe der Aargauer Gemeinde zu Zürich brachte enormes Wachstum. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 6. Das Hochhaus ist omnipräsent: hier der Bau der nahegelegenen Umweltarena Spreitenbach. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 6. Das Shoppi Tivoli ist das Einkaufszentrum mit der grössten Fläche in der Schweiz. Sechs Millionen Personen kaufen jährlich hier ein. Bildquelle: Keystone.
Noch immer existieren in Spreitenbach Quartiere, die ans Bauerndorf von früher erinnern. Und dann gibt es urbanere Quartiere: Blockwohnungen, 60 Meter hohe Hochhäuser, die «Blutwurst», wie das weinrote Hochhaus neben dem Einkaufszentrum genannt wird. Heute sind viele der damaligen Pioniergebäude sanierungsbedürftig.
Die Ölkrise 1979 stoppte den Bauboom in Spreitenbach abrupt, es folgte ein fast jahrzehntelanger Stillstand. Hinzu kam später die Kritik an «Konsumtempeln» wie dem Shoppingcenter. Das Image der fortschrittlichen Gemeinde bröckelte. Die älteren Hochhäuser und Blocksiedlungen galten eher als Schandfleck.
Neue Überbauung als urbanes Herz von Spreitenbach
Kleine Grundrisse der Wohnungen, kaum Balkone, unzählige Stockwerke: Die Wohnungen in den Hochhäusern seien günstig, aber nicht mehr zeitgemäss, erklärt Architekt Roberto Pelizzari vor Ort. «Die Blutwurst hat eher eine Bürobefensterung und keine Loggias». Pelizzari arbeitet für das Büro Dachtler Partner Architekten und hilft mit beim Bau der neuen Hochhäuser und Langbauten, gleich beim Shoppingcenter. Im «Tivoli Garten», wie die neue Überbauung heisst, sollen in zwei Jahren tausend neue Einwohnerinnen und Einwohner einziehen.
Das Tivoli Garten ist das urbane Zentrum von Spreitenbach.
Die Wohnungen sind grösser, die Raumaufteilungen moderner, eigene Waschmaschinen, Loggias, Spielplätze, öffentliche Parks – die 400 Mietwohnungen sind im Bau. «Das Tivoli Garten ist eine neue Überbauung mitten im neuen Zentrum von Spreitenbach, rund um die wichtigste Haltestelle der Limmattalbahn. Es ist das urbane Zentrum von Spreitenbach», erklärt Gemeindepräsident Markus Mötteli.
Wohnen in der Nähe von Zürich
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Bild 1 von 7. Spreitenbach setzt wieder auf Hochhäuser, aber anders: Das Tivoli Garten bietet grössere und zeitgemässere Wohnungen. Der Bau läuft, in zwei Jahren sind die 400 Wohnungen bezugsbereit. Bildquelle: zvg/Tivoli Garten.
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Bild 2 von 7. Pärke, Spielplätze, grössere Wohnungsgrundrisse und Loggias – die Bauten seien ganz anders als damals in den 60er-Jahren, versichert die Bauherrschaft. Bildquelle: zvg/Tivoli Garten.
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Bild 3 von 7. Auf der Baustelle: Das Tivoli Garten für 1000 neue Einwoherinnen und Einwohner ist im Bau. Im Hintergrund das Hochhaus mit dem Übernahmen «Blutwurst», wegen seiner roten Farbe. Bildquelle: Alex Moser/SRF.
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Bild 4 von 7. Medienrundgang über die Baustelle des Tivoli Gartens. Die Leute befinden sich im künftigen Innenhof der Überbauung. Bildquelle: zvg/Eiffage Suisse.
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Bild 5 von 7. Riesig, aber anders: Bauboom im Jahr 2022 – hier bei einem Medienrundgang im Juni. Bildquelle: zvg/Eiffage Suisse.
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Bild 6 von 7. Bauboom dank der Bahn: Die Limmattalbahn verbindet Altstetten und Killwangen. Spreitenbach werde eine wichtige Haltestelle, ist der Gemeindepräsident überzeugt. Ende Jahr sollte die verlängerte Limmattalbahn fahren. Bildquelle: Alex Moser/SRF.
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Bild 7 von 7. Die Limmattalbahn wird die Verbindung von Spreitenbach in Richtung Zürich noch verbessern. Die Gemeinde hofft auf zahlungsstarke Einwohnerinnen und Einwohner, die in Zürich keine Wohnungen mehr finden. Bildquelle: Keystone.
Das Limmattal wächst, es herrscht Aufbruchstimmung, die Nähe zu Zürich und dem dort fehlenden Wohnraum verhelfen Spreitenbach zu Neuzuzügern. Bis Ende Jahr verkehrt die Limmattalbahn durchgehend von Altstetten bis nach Killwangen.
Die Zeiten der Billigwohnungen dürften in Spreitenbach bald vorbei sein, schätzt Gemeindepräsident Mötteli. «Das wird sich ändern. Wir haben gespürt, dass bereits erste Sanierungsprojekte anstehen». Spreitenbach soll wieder fortschrittlich werden, wie damals in 1960er-Jahren, also man über den Bauboom in der Gemeinde staunte.