Seit mittlerweile 17 Jahren breitet sich der Wolf in der Schweiz aus. Aktuell streifen rund 180 Tiere in 20 Wolfsrudeln durchs Land. Der Bestand verdoppelt sich alle zwei bis drei Jahre. Entsprechend häufen sich Meldungen über Schäden, die der Wolf bei Nutztieren anrichtet. Auch Begegnungen mit Menschen kommen immer wieder vor.
Der Bündner Mitte-Ständerat Stefan Engler liefert die Schlagzeile dazu: «Tote Kühe, frustrierte Bergbauern, hilflose Behörden.»
Ähnlich wie abgelehnte Vorlage
Nur gerade zwei Jahre ist es her, seit das Stimmvolk eine Revision des Jagdgesetzes knapp abgelehnt hat, die den präventiven Abschuss von Wölfen ermöglichen wollte. Nun hat die Umweltkommission des Ständerates dem Plenum eine Vorlage zur Regulierung des Wolfs unterbreitet, die der abgelehnten Vorlage sehr ähnlich ist.
Man sollte gezielt, schneller und einfacher die Wölfe regulieren, die den Schaden anrichten, die die Scheu verlieren, und nicht einfach die Anzahl senken.
Künftig sollen Kantone mit Zustimmung des Bundesamts für Umwelt im Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Januar Wölfe präventiv abschiessen dürfen, auch ganze Rudel. Die Kommission übernimmt damit für den Wolf ein Regime, wie es heute bereits bei den Steinböcken angewendet wird. Das löst bei einzelnen Mitgliedern der Grünen und der SP im Rat Kopfschütteln aus. Er sei zwar auch für eine stärkere Regulierung, aber nicht so, sagt der Glarner Matthias Zopfi von den Grünen.
Kompromiss der «Stakeholder»
Man sollte stattdessen «gezielt, schneller und einfacher die Wölfe regulieren, die den Schaden anrichten, die die Scheu verlieren, und nicht einfach die Anzahl senken», sagt er. Also so, wie das eigentlich eine breite Koalition aus Naturschutzverbänden, Bauernverband, dem Verband der Jäger und der Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete vorgeschlagen habe, betont der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch: «Die Stakeholder haben einen Kompromiss gefunden. Um Himmels willen, dann sollte man dem doch zustimmen.»
Sie werden in Kantonen die Situation haben, dass sie in den Zoo gehen und Wölfe anschauen, und gleichzeitig in dem Kanton frei lebende Wolfsrudel haben.
Doch das stösst bei der grossen Mehrheit des Ständerates auf taube Ohren. Wenn man jetzt nicht durchgreife, werde das Wolfproblem komplett aus dem Ruder laufen, ist der Walliser CVP-Ständerat Beat Rieder überzeugt. Dann werde die Schweiz den Weltrekord bezüglich Wolfsdichte aufstellen. «Sie werden in Kantonen die Situation haben, dass sie dort in den Zoo gehen und Wölfe anschauen, und gleichzeitig in dem Kanton frei lebende Wolfsrudel haben.»
Kantone sollen selbst entscheiden
In seinem Kanton sei spätestens in diesem Sommer das Fass übergelaufen, mahnt der Bündner FDP-Ständerat Martin Schmid. Es gehe hier auch um die Rücksichtnahme auf die Sorgen der Berggebiete: «Gerade für die Koexistenz in unserem Land ist gerade diese Vorlage wichtig.» Im Übrigen, ergänzt der Walliser Beat Rieder, sei es den Kantonen ja freigestellt, ob sie von der neuen Möglichkeit zum Abschuss von ganzen Wolfsrudeln Gebrauch machen wollten: «Die Kantone können, müssen aber nicht.»
Was den Zürcher Daniel Jositsch zur Bemerkung veranlasst: «Das Problem ist, die Wölfe wissen nicht, zu welchem Kanton sie gehören.» Die Ständerätinnen und Ständeräte hingegen wissen, wie sie den Wolf künftig in die Schranken weisen wollen. Mit 31 gegen 6 Stimmen bei 4 Enthaltungen haben sie der Vorlage ihrer Umweltkommission sehr deutlich zugestimmt. Diese geht nun an den Nationalrat.