«Die da oben in Bern» werden in der nächsten Woche noch weiter oben politisieren: nicht etwa im Bundeshaus im Berner Stadtzentrum, sondern – leicht erhöht und eine zehnminütige Tramfahrt entfernt – am Stadtrand. Konkret in den Hallen des Messegeländes Bernexpo.
Ein ausserordentlicher Austragungsort für eine ausserordentliche Session. Und dies in ausserordentlichen Zeiten. Denn die National- und Ständeräte werden sich vom 4. bis 8. Mai dem alles dominierenden Thema unserer Zeit widmen: der Coronakrise.
Das ist wie wenn ein Grafiker am Rädchen seiner Computermaus gedreht und alles um den Faktor X vergrössert hätte.
SRF-Bundeshausredaktor Gaudenz Wacker konnte sich ein Bild von den Räumlichkeiten machen. Ihm fielen vorab die Dimensionen des «Exil-Parlaments» auf: «Das ist wie wenn ein Grafiker am Rädchen seiner Computermaus gedreht und alles um den Faktor X vergrössert hätte.»
Jedes Parlamentsmitglied hat einen eigenen Arbeitstisch. Die Stühle stehen in einem Mindestabstand von zwei Metern. Insbesondere für die Ständeräte wird sich einiges ändern: Statt wie bis anhin von ihrem Platz aus zu sprechen, müssen sie nach vorne ans Rednerpult.
Nüchterne Arbeitsatmosphäre
«Für den Ständerat, der sich als bedächtige Chambre de Refléxion versteht, ist das eine grössere Umgewöhnung», sagt Wacker. Ständeratspräsident Hans Stöckli rechnet damit, dass sich das auch auf die Debattenkultur auswirken wird. «Allein schon, weil womöglich weniger Rätinnen und Räte votieren werden.»
Manches bleibt aber vertraut. Die Sitzordnung ist identisch, sogar die Gänge sind so angeordnet, wie man es kennt. «Ansonsten wirkt alles sehr nüchtern. Das Ganze versprüht eher den Charme eines Mega-Bunkers als den des Bundeshauses.»
Zu reden gibt das happige Preisschild der Züglete. Über drei Millionen Franken kostet die Zusammenkunft der Parlamentarier zusätzlich. «Die Demokratie darf nicht nach Kosten bewertet werden», sagte Ständeratspräsident Hans Stöckli (SP/BE). Das schweizerische politische System sei normalerweise sehr kostengünstig. Er selbst sei aber über die Höhe der Kosten für die ausserordentliche Session «erstaunt» gewesen. Er habe die Preise jedoch nicht ausgehandelt.
«Wir haben keinen Corona-Preis verrechnet – weder nach oben noch nach unten», versicherte Bernexpo-Chefin Jennifer Somm beim Medienrundgang. Es handle sich um marktübliche Konditionen. Die Miete der Hallen beziffert Somm auf weniger als eine Million. Dazu kommen Kosten für die technische Infrastruktur und das Personal.
Es zeichnet sich bereits ab, dass auch die Sommersession nicht im Bundeshaus stattfinden kann. Dass auch diese im Exil an der Bernexpo ausgetragen wird, ist durchaus denkbar. Der Entscheid fällt am Freitag. «Die ganze Einrichtung könnte dann bis Juni stehen bleiben», so Wacker. Das Parlament müsste dafür laut der Messebetreiberin eine Pauschale bezahlen. «Das wäre aber immer noch günstiger, als wenn man alles wieder auf- und abbauen müsste.»