SP-Nationalrat Cédric Wermuth ist sehr unzufrieden mit der Performance des Parlaments in den letzten Wochen. Es sei «erschreckend», dass das Ratsbüro vor einigen Wochen entschieden habe, die Frühlingssession abzubrechen und die Sitzungen der Parlamentskommission vorübergehend zu sistieren.
Es sei nicht Meinung von Verfassung und Gesetz, dass sich das Parlament «in die Ferien zurückzieht, während das Land in einer der grössten Krisen der letzten Jahrzehnte steckt», so das Mitglied der Staatspolitischen Kommission. Wermuth ist überzeugt, dass jener Entscheid gesetzeswidrig gewesen sei.
Bundesrat und Verbände regieren das Land
Die Parlamentarier hätten das Feld einfach dem Bundesrat überlassen, der das Land dann alleine regiert habe – in Absprache mit den grossen Wirtschaftsverbänden und den Gewerkschaften. Das aber seien Akteure, die nicht vom Volk gewählt worden seien.
Wermuth spricht von einer «Verbands-Aristokratie». Die Folgen seien klar sichtbar: So seien für die grossen Wirtschaftsbereiche wie die Metallindustrie oder den Finanzplatz rasche Lösungen gefunden worden. Das sei zwar schon richtig.
Doch die Kleinen seien auf der Strecke geblieben: So habe es Wochen gedauert, bis auch für die indirekt betroffenen Selbständigen Finanzierungslösungen vorgelegen hätten – und für die Kindertagesstätten gebe es auch jetzt noch keine. Der Grund ist für Wermuth klar: «Diese Organisationen haben keine direkten Kontakte zum Bundesrat.»
Wenn die Parlamentskommissionen mit Beginn der Krise weiter getagt hätten, hätte das Parlament schneller korrigierend eingreifen können, sagt Wermuth. Inzwischen tagen die Parlamentskommissionen zwar, aber für den SP-Mann begannen sie damit viel zu spät.
Das Parlament soll über die Bücher
Auch CVP-Präsident Gerhard Pfister ist Mitglied der Staatspolitischen Kommission. Er kann die Analyse Wermuths durchaus nachvollziehen. Wenn das Parlament nicht mitregiere, könne das zu Einseitigkeiten führen – weil nicht die ganze Gesellschaft, vertreten durch das Parlament, mitbestimmen könne.
Das Parlament müsse sich deshalb einige selbstkritische Fragen stellen – etwa darüber, wer über den Abbruch einer Session zu entscheiden habe oder wer die Parlamentsdienste beaufsichtige. «Die ausserordentliche Lage hat gezeigt, dass wir Klärungsbedarf haben», so Pfister. Diesen sieht auch SP-Mann Wermuth und unterstreicht dies mit einer Parlamentarischen Initiative.
SVP bringt eine PUK ins Spiel
Klärungsbedarf ortet auch SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi. Er verteidigt zwar noch immer den Entscheid, dass die Frühlingssession abgebrochen und die Kommissionssitzungen ausgesetzt wurden. Er begründet das damit, dass das Bundeshaus für eine Corona-Krise einfach zu klein sei.
Doch für Aeschi ist klar, dass «weiter vertieft werden muss», was in den letzten Wochen gut oder schlecht gelaufen ist. Es brauche eine Analyse durch die Geschäftsprüfungskommission, allenfalls sogar durch eine Parlamentarische Untersuchungskommission. Eine PUK aber würde nicht nur die Rolle des Parlaments untersuchen, sondern allgemein die Krisenvorbereitung und das Krisenmanagement.
Es läuft also einiges bei den Parlamentariern. Dazu gehört etwa auch ein Vorstoss der FDP. Sie verlangt, dass das Parlament digital tagen könnte. Die Parlamentarier wollen für eine nächste Pandemie vorbereitet sein.