Die neue Direktorin des Bundesamtes für Verkehr (BAV) ist seit rund hundert Tagen im Amt. Sie ist von Anfang an gefordert. Diese Woche wurde bekannt, dass der Ausbau der Bahninfrastruktur bis 2035 fast doppelt so teuer kommt als geplant.
SRF News: Christa Hostettler, Sie sind Anwältin, waren vorher in der Postauto AG tätig. Ist es Zufall, dass Sie in der ÖV-Branche gelandet sind?
Ich hatte schon sehr jung einen Bezug zum ÖV. Ich spielte Cello. Dieses Instrument konnte ich als Kind nicht auf dem Velo transportieren. So war ich früh mit dem ÖV verbunden. Bereits sehr jung kaufte ich mir mit meinem ersten Geld ein GA. Diese Freiheit, schon im Teenageralter selbst entscheiden zu können, wo man hingehen will, das hat mich geprägt. Aber ich fahre auch Auto, bin nicht nur im ÖV unterwegs.
Ihre Anfangszeit im BAV ist turbulent, die Mehrkosten der Ausbauprojekte haben die Kantone und Verkehrspolitikerinnen und -politiker schockiert. Wie ist es für Sie?
Als ich angefangen habe beim Bundesamt für Verkehr, ging es darum, eine Auslegeordnung zu machen. Es hat sich über Monate gezeigt, wie teuer das wird. Schockiert hat es uns nicht, das wäre übertrieben, aber erstaunt hat es uns schon. Man muss aber sagen, es kostet nicht einfach doppelt so viel. Man hat ursprünglich 160 Massnahmen geplant, nun kommen 80 hinzu.
Das BAV steuert den Bau und die Finanzierung, warum hat es auch Sie erstaunt?
Man ging vor zehn Jahren von sehr optimistischen Annahmen aus. Heute zeigt sich, das System ist sehr komplex. Der Fahrplan ist sehr dicht, die Passagierzahlen sind hoch. Da braucht man mehr Reserven, zum Beispiel zum Ein- und Aussteigen. Sonst gibt es Verspätungen, die nicht mehr aufzuholen sind. Deshalb braucht es zusätzliche Kreuzungen, Überführungen oder Abstellgleise. Ich persönlich musste verstehen lernen, wie komplex ein solches System ist.
Es ist klar, dass der öffentliche Verkehr das Wachstum nicht alleine abfedern kann.
Haben diese Mehrkosten einen Zusammenhang mit dem Nein zu den Autobahn-Ausbauten?
Nicht direkt, aber es hat natürlich gewisse Auswirkungen. Anders gesagt: Es hat Auswirkungen auf die Erwartungen ans Basissystem, was wir alles leisten sollten. Diese Erwartungen wurden jetzt ausgesprochen, im Anschluss an diese Abstimmung. Es ist klar, dass wir mit dem Bundesamt für Strassen zusammensitzen und zusammenarbeiten an diesen Themen. Denn es ist klar, der öffentliche Verkehr kann dieses Wachstum nicht alleine abfedern.
Das Bundesamt für Verkehr muss nun aufgrund der Mehrkosten nochmals über die Bücher. Wird nun der Ausbau gestoppt?
Wir müssen nichts stoppen. Wir haben bereits sehr viele bewilligte Projekte, die in die Bauphase kommen. Was die zusätzlichen Massnahmen betrifft, haben wir genügend Zeit, alles zu prüfen, intern und extern. Wir werden verschiedene Varianten erarbeiten und mit den Kantonen diskutieren.
Stehen nun zum Beispiel Tiefbahnhöfe in Basel oder Luzern auf der Kippe?
Sie stehen nicht auf der Kippe. In diesen 14 Milliarden ist eine Milliarde vorgesehen, um Studien weiterzuführen und die Projekte weiterzuentwickeln. Daran arbeiten wir weiter.
Das Gespräch führte Karoline Arn.