Besonders hartnäckig versucht der IV-Rentner Pius Lischer seit vielen Jahren im Aargau ein politisches Spitzenamt zu ergattern. Vier Mal trat er zu Ständeratswahlen an, mehrmals kandidierte er erfolglos für den Aargauer Regierungsrat. Auch die Wahl ins Kantonsparlament und sogar in den Bundesrat gelang dem bekennenden Kiffer nicht.
Immerhin: Im Gegensatz zu vielen anderen Kandidaten in den vergangenen Jahren erschien Lischer jeweils zu Wahlveranstaltungen und versuchte Wahlkampf zu machen. Sein Anliegen: das bedingungslose Grundeinkommen.
Kandidaten wie Pius Lischer gibt es überall. Viele wollen sich mit wenig Aufwand einfach in der Öffentlichkeit profilieren und das ist nicht schwer. Im Aargau genügen zehn Unterschriften von Wahlberechtigten, um sich aufstellen zu lassen. Auch in anderen Kantonen sind die Hürden tief. Im Kanton Luzern kandidiert Rudolf Schweizer immer wieder, im Thurgau tritt Gabi Coray regelmässig an.
Das darf in unserem System Platz haben.
«Das darf in unserem System Platz haben. Das sind Ansichten, die auch spannend sind», sagt der Aargauer Landammann Markus Dieth über die «Aussenseiter-Kandidaturen». Das Verständnis für solche Kandidatinnen und Kandidaten sei durchaus vorhanden.
«Das muss man ertragen können»
Doch worin liegt der demokratische Wert solcher Kandidaturen? Wäre es nicht sinnvoll, wenn man diese Hürde höher legen würde und sich die Kandidierenden ein wenig mehr Mühe geben müssten? «Wenn es wirklich Jux-Kandidaturen sind, wenn sich Kandidatinnen und Kandidaten ausleben wollen, dann mag das ärgerlich erscheinen. Aber wenn es nicht überbordet, muss man das in einer Demokratie ertragen können», sagt Thomas Milic, vom Zentrum für Demokratie in Aarau.
Es gibt allerdings Grenzen: In Bern wurde wegen eines solchen Kandidaten ein spezielles Gesetz geschaffen, die «Lex Moser». Der chancenlose Bruno Moser erzwang 2015 mit seiner Regierungs-Kandidatur einen zweiten Wahlgang und verursachte Kosten in der Höhe einer halben Millionen Franken. Neu dürfen Kandidierende nur noch im zweiten Wahlgang antreten, wenn sie mindestens drei Prozent der Stimmen erreichen.
Weniger Wutbürger
Der demokratische Wert von aussichtslosen Kandidaturen besteht möglicherweise auch darin, dass die Menschen so zufriedener sind mit der Politik. Die Möglichkeit sich zu beteiligen, mag manchen potenziellen Wutbürger besänftigen.
Dies bestätigt auch Demokratie-Experte Thomas Milic: «Man betrachtet sich dann als Teil dieses Staates und dann fällt es einem auch leichter, sich mit diesem Staat zu identifizieren.» Dies mag auch ein Grund sein, weshalb es hierzulande neben der politischen Bühne etwas friedlicher zu und her geht als beispielsweise in Deutschland.