Der Besuch im Verkehrshaus gehört zur Schweizer Kindheit wie Riz Casimir zum Zmittag oder das Leuchtdreieck im Chindsgi. Als Kind waren fast alle mindestens einmal im Luzerner Museum. Die Erinnerungen daran sind geprägt von einzelnen legendären Ausstellungsstücken: Der Chügelibahn, dem Tagesschau-Studio oder eben dem Gotthardmodell.
Viele Stunden Freiwilligenarbeit
Vor vier Jahren verschwand die Miniatur-Bergstrecke. Sie musste dem Ausbau des Verkehrshauses Platz machen. Das kam in der Modellbauszene nicht gut an und führte zu Protest. Im Hintergrund ist seither deshalb einiges gegangen. Das Verkehrshaus zeigte sich bereit, das Modell wieder auszustellen, wenn es restauriert und aktualisiert wird. Das ist geschehen. Die Anlage ist seit wenigen Tagen zurück – zwar noch nicht ganz fertig, aber fast.
«Bei den jetzigen ersten Fahrversuchen klopft mir das Herz», sagt Emil Galliker. Unter seiner Leitung wird das Gotthardmodell restauriert. Und zwar nicht etwa im Auftrag des Verkehrshauses oder der SBB, sondern in Freiwilligenarbeit. Während eines Jahres arbeiteten zwanzig Modelleisenbahnfreunde unentgeltlich daran. Rund 12'000 Arbeitsstunden haben sie aufgewendet. Die Kosten von einer halben Million Franken, die nebst der Arbeit angefallen sind, haben Sponsoren übernommen.
Legendenstatus in der Szene
Die Suche nach Freiwilligen sei nicht schwierig gewesen, so Galliker. «Die Arbeit am Modell ist ein grossartiges Gefühl.» Das Gotthardmodell des Verkehrshauses geniesst Legendenstatus bei den Modelleisenbahnern, ist über die Grenzen hinaus bekannt und diente vielen anderen Anlagen als Vorbild.
Das Ur-Gotthardmodell gehörte seit der Eröffnung des Verkehrshauses im Jahr 1959 zur Dauerausstellung. «Es ist die Grossmutter aller Anlagen und war eine der ersten Modelleisenbahnen in dieser Grösse weltweit», sagt Daniel Geissmann, der für die Sammlung des Verkehrshauses verantwortlich ist. Es habe eine wichtige Bedeutung für die Szene. «Ich würde es nicht unbedingt als Altar bezeichnen, aber man huldigt ihm.»
Jeder nach seinen Fertigkeiten
Entsprechend begeistert hätten sie an der neuen Version gearbeitet, sagt Emil Galliker. Die Modelleisenbahner seien in Teams eingeteilt worden und jeder habe nach seinen Fähigkeiten mitgeholfen. Ein Förster zum Beispiel kümmerte sich um die Bäume des Modells. «Jede einzelne der 8500 Tannen wurde herausgenommen, restauriert und wieder eingesetzt», so Galliker.
Einer der Helfer ist Sepp Baumgartner. Als Elektroingenieur ist er für die Steuerungstechnik des Modells verantwortlich. «Pro Woche habe ich durchschnittlich zwei bis drei Tage am Modell gearbeitet. Jeweils zwischen acht und zwölf Stunden.»
Beim Modellbau zusehen
Für die Restauration wurde das alte Gotthardmodell in ein Aussenlager des Verkehrshauses transportiert. Da wurde es auseinandergeschnitten, sodass es nun aus drei Modulen besteht, die einfacher transportiert werden können. Es wurde zwar etwas schlanker, doch deutlich länger: Die alte Anlage war 14 Meter lang, die neue über 30. Zur Bergstrecke, die noch aussieht wie um 1960, ist der Basistunnel hinzugekommen.
Letzten Freitag ist die restaurierte Anlage zurück ins Verkehrshaus verfrachtet worden. Bis Ende Jahr arbeiten die Modelleisenbahner vor Ort daran weiter. Besucherinnen und Besucher können ihnen dabei zuschauen.