Die boomende südkoreanische Metropole Seoul hat gut zehn Millionen Einwohnerinnen und Einwohner – und doppelt so viele Menschen arbeiten dort. Zu planen, wie Wohnen, Arbeiten und Freizeit samt Verkehr nebeneinander Platz haben, ist anspruchsvoll. Um sich inspirieren zu lassen, ist Seouls Stadtarchitekt Byoung-Keun Kang für zehn Tage nach Basel gereist.
Was aber interessiert einen Planer einer solchen Metropole an Basel? Die Schweizer Stadt ist mit ihren knapp 200'000 Einwohnerinnen und Einwohnern deutlich kleiner. Doch just die Kleinräumigkeit am Rheinknie hat es ihm angetan. In 15 Minuten alles Wesentliche zu erreichen, vieles zu Fuss, das sei Lebensqualität, wie er sie auch in seiner Heimat möchte, sagt Byoung-Keun Kang. Er betrachte seine Stadt in solchen «Lebensraum-Distanzen», die in Basel wie Seoul eigentlich gleich funktionieren würden.
In jede Richtung innert drei Minuten eine Grünfläche – das ist ganz toll!
Kurze Wege sah er in Basel auch zu Erholungsorten: «In jeder Richtung, in die ich gegangen bin, habe ich innert drei Minuten eine Grünfläche gesehen – das ist ganz toll!» Er habe sich vorgenommen, auch im heimischen Hochhaus-Dschungel mehr Grün zu schaffen – auf Dächern, in Gebäuden oder auch unterirdisch.
Seoul liege zwischen Gebirge und Wasser, weshalb kaum Flächen für bauliche Entwicklung frei seien. Spannend sei für ihn darum, wie Basel mit früheren Industriearealen umgeht und diese zu gemischten Nutzungen mit Wohnen, Arbeiten und Erholung transformiert.
Speziell gefallen an Basel hat Byoung-Keun Kang die emotionale Nähe der Menschen zu ihrem Fluss. Zwar liege auch Seoul an einem grossen Fluss, der im Schnitt anderthalb Kilometer breite Han River, aber dieser sei vom Leben abgeschnitten durch Autobahnen am Ufer.
In Basel hingegen sei man im Zentrum sofort am Fluss. Man könne dem Rhein entlang Velo fahren, spazieren, die Sonne geniessen und sogar darin baden: «Das fehlt bei uns noch.»
«Rhy-Badhysli» für Seouls Han-River
Seouls Stadtarchitekt hat sich bei seinem Besuch gleich selber in den Rhein gewagt. Vom Badeerlebnis war er begeistert. Auch die historischen Rhein-Badehäuser in der Breite und im St. Johann-Quartier findet er «fantastisch». Die habe er sich als Anregung für seine Stadt notiert, weil sie den Zugang der Leute zum Fluss einfach machen und Liegeflächen bieten. «Ich habe hier sehr viele gute Ideen gesehen und auch erlebt.»
Im Gegenzug hat er auch Tipps für Basel – generell mehr Mut für Experimente bei der Stadtplanung. Zudem werde eine kompakte, verdichtete Stadt immer wichtiger, wenn freie Flächen rar werden. Dies auch darum, weil die Bevölkerung älter werde. Das bedeute, mehr vertikal zu denken und zu bauen. In Seoul habe man damit schon mehr Erfahrungen als in Basel.
Verbindungen in der Höhe: «Skytrails»
Zum Beispiel würden in Seoul Verbindungen von Gebäuden unter dem Boden oder in der Höhe geschaffen. Solche «Skytrails», also Passerellen, ersparen in Seoul mancherorts Umwege übers Parterre. Bei teils hundertstöckigen Hochhäusern sei das vorteilhaft.
Eindruck gemacht hat Byoung-Keun Kang auch die historische Basler Altstadt mit engen Gassen. Zeitgenössische Basler Architektur hat er auch zu Hause, haben doch Herzog & de Meuron auch in Seoul gebaut. Umgekehrt würde Byoung-Keun Kang gerne die eigene Geschichte und Kultur vermitteln – und in Basel ein traditionelles koreanisches Dörfchen auf einer Wiese bauen dürfen, sagt er und lacht.