Derzeit zieht es viele Unterländerinnen und Unterländer in ihre Ferienwohnungen oder Ferienhäuser in den Bergen. Im Tessin oder in Graubünden sind überdurchschnittlich viele Feriendomizile belegt.
Das hat Folgen für diese Regionen: Die Tessiner Regierung hat nun alle Zweitwohnungsbesitzer angehalten, sich bei der betreffenden Gemeinde zu melden. Eine Massnahme, die es braucht, weil viele Deutschschweizer nicht zuhause bleiben, wie das der Bundesrat vorsieht.
Ortswechsel mit Nebenwirkungen
Tiziano Ponti ist Gemeindepräsident von Gambarogno im Locarnese. Die Gemeinde hat über 6000 sogenannte Wohneinheiten. Mehr als die Hälfte, also über 3000, sind Zweitwohnungen.
Diese sind zurzeit sehr gut besetzt: «Es gab einen merklichen Schub von Deutschschweizern, die zu uns gekommen sind. Ein Mann hat mir gesagt, in der Deutschschweiz wohne er in einem Block, hier habe er ein Haus mit Garten, das biete viel mehr Freiheit», berichtet Ponti
Es gab einen merklichen Schub von Deutschschweizern.
Dafür hat Ponti viel Verständnis. Dennoch: Für die Gemeindebehörden sind die vorwiegend älteren Feriengäste eine Mehrbelastung. Ponti und seine Mitarbeiter drucken mittlerweile alle Informationen der Behörden in allen drei Landessprachen aus. Denn Menschen über 65 dürfen im Tessin nicht mehr einkaufen gehen.
Wegen Mehrbelastung – aber auch für den Ernstfall
Freiwillige Tessiner Helfer gehen jetzt also auch für Frau Meier aus Zürich einkaufen. Ponti und seine Kolleginnen aus den anderen typischen Tessiner Feriendestinationen hoffen jetzt, dass sich möglichst viele Zweitwohnungsbesitzer bei ihnen melden.
Für den Ernstfall, damit sie wissen, wer wo wohnt, falls diese Menschen krank werden: «Das kann wirklich zum Problem werden, wenn Menschen zu uns kommen, die das Virus in sich tragen und das dann hier ausbricht. Unser Tessiner Gesundheitssystem ist schon genug belastet.»
Unser Tessiner Gesundheitssystem ist schon genug belastet.
Ein heikles Thema – trotz Corona-Krise
Mit diesen Bedenken wegen den vorwiegend älteren Deutschschweizern, die ihre Wohnorte verlegt haben, sind die Tessiner Gemeinderäte nicht allein. Sie existieren auch bei Behörden im Kanton Graubünden.
Viele aber wollen nicht offen darüber reden. Denn das Thema ist heikel, viele Orte definieren sich über den Tourismus. Die Behörden wollen ihre Kundschaft nicht verärgern. Gleichzeitig befürchten sie zusammen mit der lokalen Bevölkerung, dass kranke Touristen die örtlichen Gesundheitssysteme an den Anschlag bringen könnten.
St. Moritz beobachtet Lage
Diese Ängste teile er zurzeit nicht, sagt der Gemeindepräsident von St. Moritz, Christian Jenny, aber: «Es ist tatsächlich eine Frage, wie die einzelnen Wohnungen belegt sind. Wir machen zurzeit Berechnungen anhand des Stromverbrauchs. Tatsächlich ist dieser ziemlich hoch. Es sind also viele Wohnungen belegt.»
Wir machen zurzeit Berechnungen anhand des Stromverbrauchs. Tatsächlich ist der ziemlich hoch.
BAG-Empfehlung: auf Reisen verzichten
Die Berggegenden sind also attraktiv in Zeiten von Corona. Ältere Unterländerinnen haben ihre Erstwohnsitze verlassen und Domizil im Tessin und anderen Berggegenden bezogen. Aus Sicht des Bundesamtes für Gesundheit keine gute Idee: Auf Anfrage heisst es: «Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfiehlt auf Reisen zu verzichten. Zum eigenen Schutz und zum Schutz der anderen.»