Basel plant ein Gleichstellungsgesetz, das in der Deutschschweiz ein Novum wäre. Es soll das Gesetz von 1995 ersetzen, das sich auf das Bundesgesetz für die Gleichstellung von Mann und Frau stützt. Dass Basel-Stadt nun mit einem neuen, eigenen Gesetz vorangeht, macht Melanie Nussbaumer stolz.
Alle sollen vor Diskriminierung geschützt werden
Die 36-jährige SP-Grossrätin bezeichnet sich selber als Feministin. «Neu würde akzeptiert und anerkannt, dass es neben Frauen und Männern noch andere Geschlechter gibt», so Nussbauer – dies im Unterschied zu den bisherigen Gleichstellungsgesetzen. Das hätte ihrer Ansicht nach einen grossen Einfluss auch auf die nationale Politik.
Die Diskriminierung führt bei manchen LGBTQI-Personen zu psychosozialen Problemen, ausserdem ist ihre Suizidrate erhöht.
Intersexuelle, non-binäre, homosexuelle oder bisexuelle Personen, Männer und Frauen: Alle sollen gleichgestellt und vor Diskriminierung geschützt sein. Gerade für Homosexuelle und für jene, die sich keinem biologischen Geschlecht zugehörig fühlen, sei das neue Gesetz wichtig.
Denn: «Die Diskriminierung führt bei manchen LGBTQI-Personen zu psychosozialen Problemen, ausserdem ist die Suizidrate unter ihnen erhöht», stellt Nussbaumer fest. Und neu gäbe es eben einen bislang fehlenden Gesetzesauftrag, diese Menschen vor Diskriminierung zu schützen.
Frauenrechtlerinnen wehren sich
Doch das Gesetz stösst auf Widerstand – auch aus dem gleichen politischen Lager. Margrith von Felten vertrat die Basler SP bis 1992 im Nationalrat. Eines ihrer Kernthemen war die Gleichstellung von Männern und Frauen. Mit dem neuen Gesetz kann sie nichts anfangen.
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Von Felten hat zusammen mit anderen Frauen der älteren Generation eine Gruppe gebildet, die das neue Gesetz bekämpft. Denn darin spiele die Sicht der Frauen überhaupt keine Rolle. Die Bedürfnisse queerer Personen seien durchaus gerechtfertigt, betont von Felten. Doch das sei keine Legitimation, dass man die strukturelle Ausgrenzung von Frauen völlig aus dem Blick verliere.
Davon könne keine Rede sein, entgegnet Melanie Nussbaumer. Zwar fokussiere das Gesetz nicht auf die Gleichstellung von Männern und Frauen. «Doch alle bisherigen Ressourcen und Projekte bleiben bestehen und werden weitergeführt», betont sie.
Hoffen auf eine neue Gesetzesversion
Es stimme sie traurig, dass ältere Feministinnen nun ein Gesetz bekämpfen, das von jüngeren Feministinnen unterstützt wird, so Nussbaumer. Als Feministin sei sie sehr dankbar für die Arbeit, die ältere Feministinnen geleistet hätten. «Wir wären gemeinsam viel stärker und könnten viel mehr erreichen.»
Man wird diffamiert als transphob, als altmodisch oder biologistisch – das kann man sich nicht leisten.
Von einem Generationenkonflikt möchte von Felten nicht sprechen. Sie kenne auch viele junge Politikerinnen, die das Gesetz nicht unterstützen. Doch sie würden aus Angst ihre Meinung zurückhalten. «Man wird diffamiert als transphob, als altmodisch oder biologistisch – das kann man sich nicht leisten.»
Sie selber habe hingegen nichts zu verlieren. Darum bekämpfe sie das neue Gesetz weiterhin – in der Hoffnung, dass es eine neue Version gibt, in der die Gleichstellung der Frauen mehr Gewicht hat.