Die Kleber blieben haften an Bastien Girod. Und das Image des Jungpolitikers. Bis ganz zum Schluss. In Zürich sind sie das Erste, was seiner Wählerschaft in den Sinn kommt, wenn man nach ihm fragt: Die Kleber, die er auf grosse Geländewagen klebte. «Ich saufe für drei», stand da drauf. Aufmerksamkeit für die Offroader-Initiative und Girods Wahl in den Nationalrat waren garantiert.
Am Anfang war er der mit den Extremisten-Anträgen.
Zum Ende der Herbstsession im Bundeshaus tritt der inzwischen gar nicht mehr so junge Grüne ab. Er ist jetzt alt Nationalrat. Mit 43. Irgendwie passt das zu Girod, der manchmal ein bisschen getrieben wirkt. 26-jährig gewählt, hat er noch vor dem 30. Geburtstag ein Buch veröffentlicht, das autobiografische Züge trug und sich mit Strategien zur Maximierung von Glück auseinandersetzte. In der Wandelhalle fanden das damals einige etwas vorschnell.
Nicht immer das Maximum fordern
Heute sagt Girod, wenn man in den Medien Resonanz habe, heisse das noch lange nicht, dass man in Bern mit offenen Armen empfangen werde. «Vielleicht gerade im Gegenteil.»
Parteifreunde und Kritikerinnen attestieren ihm jedoch, dass er sich im Bundeshaus stark entwickelt habe. «Am Anfang war er der mit den Extremisten-Anträgen», sagt Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt. Dann habe Girod gemerkt, dass er nicht immer das Maximum fordern könne, wenn er sein Ziel erreichen wolle. «Er ist ein Grüner durch und durch, aber einer, der begriffen hat, dass er sich bewegen muss, wenn er etwas erreichen will.»
Solarförderung, Netto-Null bis 2050, Recht auf Reparatur
Mit den Jahren hat sich Girod zu einem einflussreichen Energie- und Klimapolitiker gemausert. Fördergelder für Solardächer, ein Recht auf Reparatur oder das Netto-Null-Ziel für die Schweiz bis 2050, das vom Parlament und später vom Stimmvolk beschlossen wurde: Sie zählen zu Girods grössten Erfolgen. Alle stammen aus der zweiten Hälfte seiner Zeit in Bern. «Ich interessiere mich heute stärker für das Machbare.»
Das heisst bei grünen Idealisten auch: Man kriegt selten alles. Ein bisschen grüner muss oft reichen. Balthasar Glättli, ehemaliger Parteipräsident der Grünen, sagt, Girod habe «nie aus den Augen verloren, dass auch die längste Reise mit ersten konkreten Schritten beginnt.»
Ich interessiere mich heute stärker für das Machbare.
SUV «immer noch nicht ideal»
Treffpunkt Zürich-West. Hier wird Girod künftig noch häufiger arbeiten, für den global tätigen Wirtschaftsberater Deloitte. Es sei schön, zu sehen «wie Klima und Nachhaltigkeit auch hier angekommen sind», sagt er. Im Organigramm. Vor dem Gebäude jedoch steht einer der ersten Widersacher von Girod: SUV, schwarz, deutsche Premiummarke.
Girod sucht, noch einmal, den Kompromiss: «Wir haben uns ja vor allem gewehrt gegen die ganz kantigen, sehr grossen Fahrzeuge.» Das hier wird künftig Girods Welt sein, und die seiner Kundinnen und Kollegen. «Wenn es uns gelingt, die Wirtschaft noch stärker mitzunehmen, dann wird das eine grosse Dynamik haben.» Dass er sich einem neuen Umfeld rasch anpassen kann, hat Bastien Girod schon im Bundeshaus bewiesen.