- Die Schweiz wird immer stärker zugebaut. Die Landschaftsinitiative will die nicht verbauten Gebiete stärker schützen.
- Heute diskutiert der Nationalrat darüber, allerdings ist das eine Debatte für die Galerie.
- Denn die Initianten haben die Initiative zugunsten eines indirekten Gegenvorschlags bedingt zurückgezogen. Das führt aus Fachkreisen zu teils heftiger Kritik.
Seit 1891 könne man in der Schweiz mittels Initiative die Verfassung verändern, sagt der prominente Umweltrechtler Alain Griffel. Nie sei Ähnliches passiert wie jetzt bei der Landschaftsinitiative, so der Staats- und Verwaltungsrechtsprofessor der Universität Zürich.
Griffel sagt: «Es handelt sich um das erste Beispiel, das ich kenne, bei dem eine Initiative zugunsten eines indirekten Gegenvorschlags zurückgezogen wurde, der nicht zu einer Verbesserung der Situation im Sinne der Anliegen der Initiative führen wird, sondern nochmals zu einer substanziellen Verschlechterung.»
Wir konnten dem politischen Druck mit der Landschaftsinitiative etwas entgegenhalten
Konkret geht es um das Bauen ausserhalb der Bauzonen. Der bereits beschlossene indirekte Gegenvorschlag werde die diesbezüglichen Regeln nochmals verschlechtern, sagt Griffel. Dies geschehe einerseits mit diversen neuen Möglichkeiten, ausserhalb der Bauzonen zu bauen und andererseits mit einer unglaublich komplizierten Regelung, die zur jetzt schon überaus komplizierten Regelung dazu komme und die Vollzugsbehörden in den Kantonen von A bis Z überfordern werde, so Griffel.
Der grosse Zankapfel
Die Kritik richtet sich an die Initianten, die die Initiative zugunsten des Gegenvorschlags zurückgezogen haben, und ans Parlament, das einen solchen Gegenvorschlag beschlossen hat. Ursula Schneider Schüttel ist Mitglied des Initiativkomitees und sass bis vor wenigen Tagen für die SP im Nationalrat. Der Druck, ausserhalb der Bauzone Anlagen zu erstellen oder Bauten umzunutzen, sei sehr gross, sagt Schneider Schüttel. «Und diesem politischen Druck konnten wir zumindest mit der Landschaftsinitiative etwas entgegenhalten.»
Man habe mit der Landschaftsinitiative weitere Lockerungen ausserhalb der Bauzonen verhindern können. Mehr sei politisch nicht möglich. Ähnlich äussert sich auch der Aargauer FDP-Nationalrat Matthias Jauslin: «Ich glaube, das Parlament hat das Maximum politisch herausgeholt.» Es werde sich in Zukunft zeigen, wo später eventuell noch Korrekturen angebracht werden müssten.
Zwar verankert der Gegenvorschlag ein Stabilisierungsziel für Gebäude im Nichtbaugebiet – das betonen die beiden Politiker. Aber das Gesetz gibt den Kantonen eben auch die Möglichkeit, nicht mehr benötigte landwirtschaftliche Bauten für Wohnungen freizugeben. Die Landschaftsinitiative wollte das verhindern. Das ist der grosse Zankapfel. Oder in den Worten von Alain Griffel: die grosse Verschlechterung.