«Irgendwann wollte Beatrice einfach im Bett liegen, nichts tun, nichts machen, keine Sinn-Diskussion führen. Nur daliegen, Ruhe haben», erzählt ein Angehöriger, der eine geliebte Person zu Hause bis zum Tod begleitet hat. «Das zuzulassen, ist eine Kunst. Dabei ist das eigentlich das einfachste: sich daneben legen und ihren Atem zu hören.»
Der Mann erzählt von den letzten Momenten vor dem Tod im Rahmen einer Ausstellung im Generationenhaus Bern. Sie thematisiert die Herausforderungen der Angehörigen, wenn ihre Liebsten zu Hause sterben.
Der Wunsch, zu Hause zu sterben, ist gross. Laut einer Befragung aus dem Jahr 2018 möchten über 70 Prozent der Bevölkerung in der Schweiz bis zu ihrem Lebensende zu Hause bleiben.
Tatsächlich sterben die meisten Menschen in einem Pflegeheim oder in einem Spital. Sterben zu Hause ist aber ein verbreiteter Wunsch. Ein Wunsch, der die Angehörigen vor grosse Herausforderungen stellt. «Vor allem, wenn eine betreuende Person ganz viel alleine machen muss und keinen Austausch mit anderen hat», erzählt Claudia Michel, Expertin für Altersfragen und Palliative Care der Berner Fachhochschule, die im Rahmen des Forschungsprojektes «Compassionate City Lab der Berner Bevölkerung» mit mehreren Angehörigen darüber gesprochen hat.
Psychisch und physisch an Grenzen kommen
Eine habe ihr etwa von der grossen Belastung zum Lebensende der betreuenden Person erzählt: «Das war so intensiv, 24 Stunden, sieben Tage. Die letzte Phase brachte sie psychisch und physisch an die Grenzen.» Die Betreuung bis zum Lebensende ist nicht für alle möglich und auch nicht alle wollen das.
Dass es dabei aber auch positive Momente geben kann, will die Ausstellung im Generationenhaus aufzeigen. Betroffene Personen berichten da auch über die schönen Seiten der Betreuung.
Schlimmstenfalls wäre sie gestorben, aber sterben tat sie sowieso.
So wie der Angehörige zu Beginn. Er spricht von der Angst etwas falsch zu machen, die vor allem Freunde hatten, die ihm bei der Pflege halfen: «Du kannst überhaupt nichts falsch machen. Also du kannst ihr schon wehtun oder so, aber das ist eine Sterbende. Schlimmstenfalls wäre sie gestorben, aber sterben tat sie sowieso.»
Wenn Angehörige ihre Geliebten zu Hause betreuen, sind sie mit ihren Grenzen konfrontiert. «Ich habe mich mit dem Tod auseinandersetzen müssen», erzählt ein weiterer Angehöriger. Er empfand dies jedoch als positiv: «Ich hatte die Chance, mit ihr noch alles zu bereinigen und mit ihr diesen Weg zu gehen.» Menschen, die Leute von heute auf morgen verlieren, hätten diese Chance nicht.
Trauriges Loslassen
Oft ändere sich die Einstellung gegenüber dem Sterben, dem Tod, der Trauer, sagt Claudia Michel. «Die Begleitung einer geliebten, sterbenden Person erlaubt es, gemeinsam zu trauern und hilft, den nahenden Tod besser zu akzeptieren.»
Das Loslassen sei auch eine ganz traurige Geschichte gewesen, erzählt ein weiterer Angehöriger. Am Schluss sei es aber eine Erlösung gewesen: «Es gibt nichts Lebendigeres als das Sterben.»
Eine Angehörige erzählt, wie sie den Zeitpunkt bestimmen konnten, wann die verstorbene Person abgeholt wurde: «Man kann ihn ja nicht ewig zu Hause behalten.» Sie hätten alles mit Kerzen geschmückt, zusammen gesungen, was sie immer gemacht hätten. «Dann waren wir still. Er sah so schön aus in diesem Sarg.»
Mit einer etwas zittrigen Stimme fügt sie an: «Was wir gemacht haben, hat mir Kraft gegeben, jetzt alleine weiterzugehen.»