Der Tod ist ein Tabuthema, das viele Menschen meiden. Doch Anne Christine Dölling hat sich bewusst damit auseinandergesetzt. Aus ihrer eigenen Angst heraus begann sie, sich intensiver mit dem Lebensende zu befassen. «Ich fürchtete mich sehr vor dem Tod», sagt sie zu SRF.
Heute begleitet sie als Lebensende-Doula Menschen auf ihrem letzten Weg. Diese Tätigkeit ist kaum bekannt – bisher sind Doulas in der Öffentlichkeit vor allem als Schwangerenbegleiterinnen bekannt.
«Eine Doula ist eigentlich eine Begleiterin», erklärt Anne Christine Dölling. «Wir sind da, um Menschen in einer schwierigen Zeit beizustehen – sei es nach einer schweren Diagnose oder bis zum Lebensende. Oft unterstützen wir auch die Angehörigen.» Dabei gehe es nicht um medizinische oder pflegerische Dienstleistungen, sondern um emotionale, spirituelle und soziale Begleitung.
Als Doula geht es darum, auszuhalten, was ist – ohne zu versuchen, es zu ändern.
Ein wesentlicher Aspekt der Arbeit sei das reine Dasein. «Wir möchten oft helfen, etwas tun, Probleme lösen. Aber als Doula geht es darum, auszuhalten, was ist – ohne zu versuchen, es zu ändern.» Diese Haltung sei eine grosse Herausforderung, aber zugleich das Herzstück der Arbeit.
Sterbe-Doulas in der Deutschweiz mangelware
In der Westschweiz gibt es bereits über 200 ausgebildete Doulas. Anne Christine Dölling hat daher den Verein «Lebensende Doula Schweiz» gegründet, um auch in der Deutschschweiz eine Ausbildung aufzubauen. Sie konnte dafür die Unterstützung des Kantons Freiburg und Palliativ Freiburg gewinnen.
Die Ausbildung umfasst 15 Kurstage und richtet sich an Menschen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung und einem Mindestalter von 25 Jahren. Noch wichtiger als formale Kriterien seien jedoch persönliche Eigenschaften: «Offenheit, Toleranz und die Fähigkeit, eigene Emotionen zu reflektieren, sind entscheidend. Wer mit sich selbst nicht im Reinen ist, sollte sich erst um die eigenen Themen kümmern.»
Dass die Arbeit einer Doula eine tiefe Wirkung hat, zeigten viele berührende Geschichten, die sie erlebt hat. Letztes Jahr durfte sie eine schwerkranke Frau begleiten. Sie sei zwar von ihrer Familie liebevoll umsorgt worden, habe dennoch das Bedürfnis gehabt, frei mit jemandem sprechen zu können. «Sie hatte noch Dinge zu klären, besonders in Bezug auf ihre Enkelkinder. Dass ihre Tochter dieses Bedürfnis erkannt hat, war berührend», sagt Dölling.
Ob sie die Arbeit selbst belastet? «Nein», sagt Anne Christine Dölling bestimmt. «Es berührt mich tief, aber es ist ein Geschenk, Menschen in diesen Momenten begleiten zu dürfen. Bis zum Ende sind wir im Leben – oft still, aber voller Bedeutung.»