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Bei Krisen und Katastrophen Bundesrat will Bevölkerung neu per Handy-Alarm warnen

Im Krisenfall setzt der Bund vermehrt aufs Mobiltelefon und andere digitale Kanäle. Das bringt Vorteile, aber auch Risiken.

Wie die Bevölkerung alarmieren bei einem schlimmen Unwetter, einem Erdbeben oder gar einem Bombenangriff? Heute lässt der Bund in solchen Fällen die Sirenen im Land heulen, lässt Radiomeldungen verlesen oder schaltet Informationen auf der Alertswiss-App. Neu sollen diese etablierten Alarmierungskanäle ergänzt werden mit einer Push-Nachricht direkt auf das Mobiltelefon, auch «Cell Broadcast» genannt: «Damit kann man sehr viele Leute sehr schnell erreichen», sagt Christian Fuchs vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS.

Wie funktioniert «Cell Broadcast»?

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Der Bund alarmiert in einem Notfall die Mobilfunkanbieter, die dann über einzelne Antennen vorgefertigte Warnungen verschicken. Die Alarmierung erscheint sofort auf den Geräten, die im Sendebereich der Antenne sind. Der Handy-Alarm ist nicht freiwillig, sondern wird von allen Handys empfangen, die eingeschaltet und im betroffenen Gebiet sind.

Mit dem Handy-Alarm könne die Bevölkerung auch präziser alarmiert werden, sagt BABS-Sprecher Christian Fuchs, weil jeweils nur diejenigen Leute eine Push-Meldung bekämen, die sich in einem betroffenen Gebiet befänden. Das sei bei einem lokalen Unwetter sinnvoll, aber auch in einem länger anhaltenden Krisenfall, so Fuchs: «Der Krieg in der Ukraine hat zum Beispiel gezeigt, dass Leute, die zu oft unnötig gewarnt werden, alarmmüde werden und sich nicht mehr in Sicherheit bringen».

Was, wenn gefälschte Warnungen kursieren?

Der Handy-Alarm birgt aber auch das Risiko von Fake News. Zwar sei es unwahrscheinlich, so Fuchs, dass sich Kriminelle in die Bundesalarmzentrale hacken und so einen Handy-Alarm auslösen würden. Aber ähnlich wie beim Phishing, könnte es sein, dass gefälschte Textnachrichten gestreut würden: «Deshalb ist es wichtig, dass die Bevölkerung genau weiss, wie eine solche Alarm-Nachricht des Bundes, die auf das Mobiltelefon geschickt wird, aussieht.»

Hand hält Smartphone mit Alertswiss-App vor Computerbildschirm.
Legende: Im Kampf gegen Fake News soll auch die Alertswiss-App ein wichtiger Alarmierungskanal bleiben. KEYSTONE/Anthony Anex

Der Bund überlegt sich deshalb, neben dem alljährlichen Sirenen-Probealarm, künftig auch einen Handy-Probealarm durchzuführen, um der Bevölkerung die spezifische Art der Alarmierung näherzubringen. Beim Kampf gegen Fake News helfe es, dass die Schweiz auf mehrere Alarmierungskanäle setze, so Fuchs. Bekomme eine Person eine Alarm-Nachricht auf das Handy, könne sie auf der App oder im Radio nachprüfen, ob die Warnung tatsächlich stimmt.

Notfallradio könnte bald verstummen

Auf einen Alarmierungskanal möchte der Bundesrat allerdings künftig verzichten: auf das Notfallradio. Das System sei teuer und veraltet: «Die wenigsten Leute wissen wahrscheinlich, was das Notfallradio ist, weil es noch in keiner Krisensituation tatsächlich zum Einsatz kam.» Das Notfallradio ist ein zusätzliches unterirdisches UKW-Netz, das im Notfall auch die Schweizer Luftschutzkeller mit Radionachrichten erreichen könnte. Ein solches System gebe es in keinem anderen Land und aktuelle Kriegssituationen zeigten, dass andere Alarmierungskanäle alltagstauglicher seien, heisst es von Seiten des Bundes.

Ob es zu diesen Neuerungen bei der Alarmierung tatsächlich kommt, entscheidet das Parlament. Und das kann noch dauern. Der Bund rechnet mit der Einführung des «Cell Broadcast»-Systems frühestens in drei bis vier Jahren.

SRF 4 News, 27.11.2024, 15 Uhr

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