Etwa 230 Impfstoffe gegen Covid-19 sind weltweit in der Entwicklung, rund 60 werden bereits an Menschen getestet.
Zwei wichtige Fragen sind noch bei allen Impfstoffen ungeklärt:
- Wie lange hält der Schutz an? Dies wird nun genau verfolgt.
- Stoppen die Impfstoffe auch die Übertragung? Oder können Geimpfte eine symptomlose Infektion durchmachen und dabei das Virus weitergeben? Auch dies wird untersucht.
mRNA-Impfstoffe
Die beiden Impfstoffe von Moderna und Pfizer/Biontech, der in der Schweiz bereits am 19. Dezember zugelassen wurde, sind sich sehr ähnlich. Sie verwenden einen neuen Ansatz, die sogenannte mRNA-Technologie: Der Impfstoff enthält ein Stück mRNA, eine chemische Substanz, die Zellen als Vorlage für die Produktion von Eiweissen benutzen.
Beide Impfstoffe enthalten eine mRNA mit dem Bauplan für das sogenannte Spike-Protein. Es sitzt normalerweise auf der Oberfläche des Corona-Virus und ist wichtig, damit dieses in die menschlichen Zellen eindringen kann. Binden im Körper menschliche Antikörper an die Spike-Proteine an, kann das Virus nicht in die Zellen eindringen und es kann von Immunzellen zerstört werden.
Im Impfstoff ist die mRNA in mikroskopisch kleinen Fettkügelchen gebettet. Sie sorgen dafür, dass die mRNA in die Zellen der Geimpften gelangt. Diese Zellen produzieren darauf das Spike-Protein und präsentieren es auf ihrer Oberfläche. Dies regt das Immunsystem dazu an, gegen den Spike Antikörper zu produzieren.
Die mRNA aus dem Impfstoff wird von den Zellen nach einiger Zeit zerstört. Die isolierten Spike-Proteine sind für den Körper harmlos.
Wirksamkeit: Beide mRNA-Impfstoffe sind hochwirksam, ihre Schutzwirkung beträgt etwa 95 Prozent. Beide müssen in zwei Dosen im Abstand von drei bis vier Wochen verabreicht werden. Allerdings hat Grossbritannien angesichts der schwierigen Corona-Lage diese Frist auf zwölf Wochen erhöht, um schneller mehr Menschen mit einer ersten Dosis zu versorgen. Ein Teil des Schutzes wird sehr wahrscheinlich bereits etwa zehn Tage nach der ersten Impfung aufgebaut.
Nebenwirkungen: Auch die Nebenwirkungen der beiden Impfstoffe sind sehr ähnlich: Kopf- und Muskelschmerzen, Schmerzen an der Einstichstelle, manchmal Fieber – Zeichen dafür, dass das Immunsystem aktiv wird. In sehr seltenen Fällen kam es zu schweren allergischen Reaktionen kommen (5.5 Fälle pro Million Geimpfte), die gut behandelt werden können.
Einigkeit besteht darin, wer nicht geimpft werden soll. Menschen mit einer allergischen Reaktion auf einen der Inhaltsstoffe oder mit schweren allergischen Reaktionen nach einer vorherigen Dosis.
Handhabung: Die grössten Unterschiede der beiden Impfstoffe liegen in den Ansprüchen an die Lagerung und die Liefergrössen. Jener von Pfizer/Biontech muss bei -70 Grad Celsius gelagert werden; die kleinste Liefereinheit enthält fast 1000 Dosen. Der Impfstoff von Moderna kann während eines Monats im Kühlschrank gelagert werden und wird in 100er-Packungen geliefert – er eignet sich darum auch für Impfungen in Arztpraxen.
Produktion: Der Impfstoff von Moderna wird unter anderem in einem Werk der Schweizer Firma Lonza in Visp hergestellt. Zusammengenommen sind laut Bundesamt für Gesundheit im Januar eine halbe Million Impfstoff-Dosen der beiden Hersteller verfügbar, im Februar eine Million. Das BAG hat drei Millionen Dosen bei Pfizer/Biontech bestellt und 7.5 Millionen bei Moderna.
Beide Impfstoffe sind auch in der EU, in Grossbritannien, den USA und weiteren Ländern zugelassen. Sie wurden bereits millionenfach verabreicht.
Impfstoffe mit viralen Vektoren
Ebenfalls zur Zulassung in der Schweiz angemeldet ist der Impfstoff von AstraZeneca, entwickelt mit der Universität Oxford. Auch er regt das Immunsystem zu Antikörpern gegen das Spike-Protein an, setzt aber auf ein anderes Prinzip: Das Gen für den Spike ist in ein Erkältungsvirus aus Affen eingesetzt (Adenovirus).
Das Virus dringt nach der Impfung in Zellen des Körpers ein und bringt diese dazu, das Spike-Protein herzustellen. Das Adenovirus wurde im Labor so verändert, dass es sich in einer Zelle nicht vermehren kann.
Der Ansatz mit Adenoviren als Impfstoff-Shuttles (oder viralen Vektoren) wird seit Jahren erforscht, ein Adenoviren-basierter Impfstoff gegen Ebola ist bereits zugelassen.
Wirksamkeit: Die Wirksamkeit des Impfstoffs von AstraZeneca liegt zwischen etwa 60 und 90 Prozent, je nach verabreichter Dosis. Auch dieser Impfstoff muss zweimal gespritzt werden.
Nebenwirkungen: Die Nebenwirkungen sind ähnlich wie jene der beiden mRNA-Impfstoffe.
Handhabung: Der AstraZeneca-Impfstoff ist stabiler als die mRNA-Varianten: Er kann mindestens 6 Monate im Kühlschrank aufbewahrt werden. Seine Herstellung ist günstiger, und so gilt er als besonders geeignet für den Einsatz in Ländern mit schwacher Infrastruktur.
Produktion: Der Impfstoff von AstraZeneca ist unter anderem in Grossbritannien und Indien zugelassen. Das BAG hat 5.3 Millionen Dosen bestellt.
Auch der Impfstoff Sputnik V des russischen Gamaleya-Forschungsinstituts setzt auf Adenoviren, um das Gen des Spike-Proteins in die Körperzellen der Geimpften einzuschleusen. Er verwendet dafür zwei verschiedene abgeänderte Viren, die normalerweise Menschen infizieren, die Adenoviren Ad5 und Ad26.
Wirksamkeit: Manche Wissenschaftler befürchten, dass der menschliche Körper nach der Impfung nicht nur gegen das Spike-Protein eine Immunantwort entwickelt, sondern auch gegen das Shuttle, das Adenovirus – dies würde die 2. Impfdosis unwirksam machen. Um dies zu vermeiden, enthalten die beiden Impfdosen von Sputnik V die unterschiedlichen Adenoviren-Shuttles Ad5 und Ad26.
Laut Gamaleya ist Sputnik V zu etwa 91 Prozent wirksam. Allerdings wurden die zugrundeliegenden Daten bisher nicht veröffentlicht. Der Impfstoff ist in Russland, Weissrussland und wenigen anderen Ländern zugelassen.
Im Dezember hat AstraZeneca bekannt gegeben, dass sie ihren Adenoviren-basierten Impfstoff in einem zwei-Dosen-Regime in Kombination mit Sputnik V testen wollen.
Ebenfalls auf Adenoviren als Impfshuttle setzen die US-Pharmafirma Johnson&Johnson und die chinesische Cansino. Der J&J-Impfstoff wird nur in einer Dosis verabreicht und befindet sich in grossen klinischen Studien. Es gibt bereits einen zugelassen Ebola-Impfstoff von J&J, der auf demselben Prinzip beruht.
Inaktivierte und abgeschwächte Viren
Impfstoffe, die inaktivierte oder abgeschwächte Viren als Wirkstoff enthalten, gibt es schon viele Jahrzehnte. Bei Corona-Impfstoffen setzen vor allem chinesische Firmen auf diesen Ansatz. Zum Beispiel Sinopharm und Sinovac. Sinopharm züchtete Corona-Viren aus Patienten und tötete diese mittels Chemikalien. Ein Zusatzstoff im Impfstoff, ein sogenanntes Adjuvans, regt das Immunsystem zu einer kräftigeren Immunantwort an.
Wirksamkeit: Ende Dezember verkündete Sinopharm, ihr Impfstoff habe eine Wirksamkeit von rund 80 Prozent, im Januar meldete ein brasilianisches Impfinstitut, seine klinische Studie habe für den Sinovac-Impfstoff eine Wirksamkeit von 78 Prozent ergeben. In beiden Fällen sind die zugrunde liegenden Daten bisher nicht veröffentlicht worden.
Produktion: Beide Impfstoffe sind in China zugelassen, ebenfalls in einigen anderen Ländern. Beide Impfstoffe sind relativ günstig und sie stellen keine hohen Anforderungen an die Lagerung. Darum werden sie vermutlich in ärmeren Ländern eine wichtige Rolle spielen.
Protein-Impfstoffe
Verschiedene Firmen entwickeln Impfstoffe, mit denen Eiweisse des Corona-Virus direkt verabreicht werden. Diese Eiweisse – oftmals das Spike-Protein – werden in grossen Mengen künstlich hergestellt. Die US-Firma Novavax, zum Beispiel, fertigt aus diesen einzelnen Spike-Proteinen kleine Nanopartikel aus mehreren Einzeleiweissen. Diese Nanopartikel werden geimpft.
Wirksamkeit: In einer Zulassungsstudie von Novavax lag die Wirksamkeit in Bezug auf Erkrankungen bei 90 Prozent. Das bedeutet, unter den Probanden der geimpften Gruppe traten 90 Prozent weniger Erkrankungen auf als unter den Probanden einer Kontrollgruppe. Es wurden zwei Dosen im Abstand von drei Wochen verabreicht. Allerdings beziehen sich die Ergebnisse hauptsächlich auf die Alpha-Variante, die in vielen Ländern so gut wie vollständig von Delta verdrängt wurde. Bald dürfte Experten zufolge die neue Variante Omikron das Infektionsgeschehen stark beeinflussen.
Ein anderer Protein-Impfstoff der Pharmariesen Sanofi und GSK, in den viele Hoffnungen gesetzt wurden, enttäuschte in den klinischen Studien. Die beiden Firmen modifizieren nun den Impfstoff. Ein weiterer Protein-Impfstoff wird in Russland getestet (Vektor-Institut).