Die Aufsicht und Kontrolle über das zweitgrösste Bahnunternehmen der Schweiz hat versagt. Zu diesem Schluss kommt nicht irgendeine Kommission, sondern die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Berner Kantonsparlaments. Diese geniesst von links bis rechts ein hohes Ansehen. Ihre Kompetenzen und ihre Arbeit können in weiten Teilen mit jener einer Parlamentarischen Untersuchungskommission gleichgesetzt werden.
Das Zeugnis, das die GPK der Regierung, der Verwaltung und auch der BLS ausgestellt hat, ist vernichtend. Statt hinzuschauen, die Fehler aufzuarbeiten und Schuldige zu benennen, hat die Kantonsregierung das Feld lieber anderen überlassen. Zum Beispiel dem Bundesamt für Verkehr (BAV) oder dem BLS-Verwaltungsrat selbst, der notabene Teil der neuerlichen Affäre war.
Kein Einzelfall
Statt hinzuschauen und aufzuräumen, hat die Berner Regierung vielmehr in den Jahren 2019 und 2020 grünes Licht dafür gegeben, dass an der Generalversammlung Décharge erteilt wurde. Sie entlastete damit die Verantwortlichen im BLS-Verwaltungsrat, auch wenn die Untersuchungen noch gar nicht abgeschlossen waren. Damit missachtete die Regierung auch die Empfehlungen von GPK und Finanzkontrolle, die ihr schriftlich empfahlen, die Décharge eben gerade nicht zu erteilen, bis alle offenen Fragen geklärt sind.
Der Fall BLS zeigt exemplarisch, wie schwer sich der Kanton Bern mit seinen Beteiligungen an grossen Konzernen tut. Sei es – wie in dieser Affäre – bei der BLS, sei es bei der BKW oder bei anderen kleinen und grösseren Beteiligungen. Regelmässig streiten sich Regierung und Parlament nämlich darüber, warum die Regierung nicht stärker Einfluss auf ihre Unternehmen nimmt. So geschehen, als der Energiekonzern BKW im In- und Ausland zahlreiche Firmen zusammenkaufte und sich die Politik ob der Millionen-Bezüge der BKW-Chefin die Augen rieb. So geschehen nun auch bei der BLS, die jahrelang viel zu viele Abgeltungen bezog.
Konzerne der freien Marktwirtschaft überlassen?
Klar ist: So kann es eigentlich nicht weitergehen. Will der Kanton Bern weiterhin die Mehrheit an BKW und BLS behalten, tut er gut daran, die Beziehung zu ihnen besser und vor allem auch detaillierter zu regeln. Es stellt sich auch die Frage: Wer kontrolliert hier eigentlich wen? Stellt sich die Regierung auf den Standpunkt, ihre Konzerne seien selbständig und der politische Einfluss nur sehr begrenzt möglich, kann der Kanton Bern seine Mehrheitsbeteiligung auch gleich abstossen und BKW und BLS ganz der freien Marktwirtschaft überlassen. Mit allen Vor- und Nachteilen. Ob das politisch im Kanton Bern jedoch mehrheitsfähig ist, steht auf einem anderen Blatt.