Zum vierten Mal innert sieben Tagen ist der Euroairport Basel-Mülhausen-Freiburg am Donnerstag aus Sicherheitsgründen evakuiert worden. Mehrmals war ein Bombenalarm der Grund. Erst am Dienstag wurde zudem das Zürcher Obergericht wegen einer Bombendrohung zwangsevakuiert.
Auch in Frankreich gab es kürzlich ähnliche Drohungen – gegen Flughäfen, das Schloss Versailles und den Gare de Lyon. Wie andere Schweizer Medien berichtete auch SRF teilweise darüber – das kann den Täterinnen und Tätern in die Hände spielen.
Medienethisch gesehen ist es keine Option, solche Drohungen im öffentlichen Raum zu verschweigen.
«Medienethisch gesehen ist es keine Option, solche Drohungen im öffentlichen Raum zu verschweigen», sagt Marlis Prinzing, Kommunikationswissenschaftlerin und Ethikerin an der Universität Freiburg. Denn es bestehe ein öffentliches Interesse.
Der gleichen Meinung ist Vinzenz Wyss, Professor für Journalistik an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW): «So eine Meldung hat einen hohen Nachrichtenwert.» Lokal sei es praktisch unmöglich, nicht über solche Ereignisse zu berichten.
«Sobald die Polizei eingreift oder ein Gebäude in unmittelbarer Nähe evakuiert wird, wissen viele, dass etwas vorgefallen sein muss», so Wyss weiter. Über solche Ereignisse dann nicht zu berichten, sei auch nicht richtig. Denn dann entstehe allenfalls der Eindruck, dass Medien etwas verschweigen würden, sagt Wyss.
Trotzdem warnt der Journalistik-Professor: «Sobald Medien aber über solche Drohungen berichten, werden sie zum Handlanger.» Das heisst, die Täterinnen und Täter können ihre kommunikativen Ziele verwirklichen. Und diese seien: Angst und Schrecken zu verbreiten.
Berichten ja, aber mit Zurückhaltung
Marlis Prinzing sagt, abzuwägen sei, wie berichtet werde «und auch, wie aus polizeilicher Sicht die faktische Bedrohung oder die Folgen eingeschätzt werden». Vinzenz Wyss empfiehlt: «Medienschaffende müssen gegen ihre eigene Logik kämpfen.» Das Ziel solcher Drohungen sei etwa, als Täter genannt zu werden. «Das verschafft ihnen genau die Berühmtheit, die sie wollen.»
Bei Bombendrohungen ist die Aufgabe der Medien, aktiv zu deeskalieren.
«Bei Bombendrohungen ist die Aufgabe der Medien, aktiv zu deeskalieren», sagt der Experte. Man müsse darauf achten, keine Angst und Schrecken zu verbreiten. Er rät ausserdem, nicht wie sonst möglichst konkret und aktuell zu berichten.
Zeitliche Distanz zu schaffen, könne zudem helfen. Wyss rät davon ab, solche Meldungen per Push-Nachrichten zu versenden, denn: «Personen, welche direkt von der Drohung betroffen sind, erfahren vor Ort sowieso davon.» Damit würde man nur der Täterschaft in die Hände spielen.
Medien sollen Wind aus den Segeln nehmen
«Medien sollten versuchen, den Wind aus den Segeln zu nehmen.» Es solle wenig konkret berichtet und dem Täter wenig Platz eingeräumt werden. Das bedeute beispielsweise auch, auf ausführliche Erklärungen über die Zusammensetzung einer Bombe zu verzichten, erklärt Wyss. Denn das könnte Nachahmer inspirieren.
Studien hätten gezeigt, dass die Berichterstattung über Terror weiteren Terror fördere. Dasselbe gelte auch für Suizidberichterstattungen, so Wyss. Auch Kommunikationswissenschaftlerin Prinzing empfiehlt, nicht sensationalistisch zu berichten und auf massive rechtliche Konsequenzen solcher Drohungen hinzuweisen.