Monate bis Jahre vergingen früher bis zu einem Asylentscheid. Das Staatssekretariat für Migration SEM hat nun die ersten zwei Jahre analysieren lassen und stellt fest, dass es im beschleunigten Verfahren noch durchschnittlich 55 Tage dauert, bis Asylsuchende erfahren, ob sie in der Schweiz bleiben dürfen oder nicht. Dieses neue System funktioniere gut, sagt Mario Gattiker, Direktor des Staatsekretariats für Migration SEM. Eine Evaluation habe gezeigt, «dass das System im Grossen und Ganzen gut funktioniert. Die Verfahren sind deutlich kürzer geworden und die Qualität ist auch gut. Ich ziehe ein positives Fazit.»
Zu wenig Zeit für eine vertiefte Abklärung
Das ging aber nicht ohne Anfangsschwierigkeiten: Im ersten Jahr, nachdem das neue Gesetz in Kraft getreten war, kassierte das Bundesverwaltungsgericht rund ein Viertel der Asylentscheide des SEM. Hauptkritikpunkt war, dass sich das SEM gerade bei Personen mit Traumatisierungen oder psychischen Problemen zu wenig Zeit nahm, um die Fluchtgründe abzuklären. Seither behandle die Behörde solche Fälle im erweiterten Verfahren, erklärt Gattiker. Das Bundesverwaltungsgericht wies denn auch im zweiten Jahr deutlich weniger Entscheide zurück, nämlich 16 Prozent.
Am Ziel ist man damit aber noch nicht. Das SEM beauftragte das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte der Universitäten Bern, Neuenburg und Freiburg damit, die Asylentscheide der ersten zwei Jahre zu evaluieren.
Auf die Frage, was für eine Note er dem SEM geben würde, sagt Studienleiter Alberto Achermann: «Wir würden ungefähr eine 5 vergeben. Man muss immer beurteilen, wie die Situation vor Einführung des neuen Verfahrens war. Da sind wir überzeugt, dass sich die Situation für den Rechtsschutz stark verbessert hat.»
Gröbere Mängel festgestellt
Das Kompetenzzentrum für Menschenrechte stellte bei dreissig Prozent der Verfahren aber gröbere Mängel fest. Das sei ein schlechtes Zeugnis, befindet die Schweizerische Flüchtlingshilfe. Der Zeitdruck sei schlicht zu gross, um die Fälle genügend gründlich zu behandeln, sagt Sprecherin Eliane Engeler. «Für den Entscheid, ob Schutz gewährleistet wird oder nicht, muss man die Fluchtursachen gut kennen. Eine saubere Abklärung der Fluchtursachen ist zentral. Und wenn das nicht sauber gemacht wird, hat das für den Menschen verheerende Folgen.»
Das bestreitet auch Staatsekretär Mario Gattiker nicht. Das SEM sei eine lernende Organisation betont er. Ziel sei es, die Asylverfahren nach dem neuen Recht in Zukunft noch besser durchzuführen.