Natürlich gilt das Recht für alle. Wenn es während Sessionswochen verboten ist auf dem Bundeslatz zu demonstrieren, dann gilt das auch für die Klimaaktivisten, die den Bundesplatz besetzten, um für einen schnelleren und griffigeren Klimaschutz zu demonstrieren.
Die Klimaaktivisten taten etwas Illegales, sie setzten sich über ein Verbot hinweg und schlugen Ultimaten in den Wind. Insofern blieb der Berner Stadtregierung gar nichts anderes übrig, als den Platz zu räumen. Und wenn die Aktion nun noch ein juristisches Nachspiel haben sollte, wäre auch dies nicht zu kritisieren.
Solche Aktionen sind nichts Neues
Trotzdem greift dieser Blick zu kurz, um den Protest auf dem Bundesplatz zu fassen. Die Protestierenden argumentieren, dass die politischen Mühlen zu langsam mahlen, und auch die herkömmlichen politischen Volksinstrumente wie Referenden und Initiativen nicht ausreichten, um den notwendigen politischen Druck für einen rascheren und griffigeren Klimaschutz zu erzeugen. Weshalb ihnen nichts anderes übrig bleibe, als eine Aktion des zivilen Ungehorsams durchzuführen.
Solche Aktionen sind nichts Neues. Es gab in der Vergangenheit verschiedentlich solche Aktionen, auch in der Schweiz. In den 1970er-Jahren zum Beispiel wehrte sich die bäuerliche Landbevölkerung des Simmentals, mit zum Teil illegalen Aktionen gegen den Bau einer Autobahn durch das Simmental im Berner Oberland. Mit Erfolg. Heute sind ihnen alle dankbar für den damaligen Widerstand.
Ziviler Ungehorsam ist definiert als ein zwar illegaler, aber gleichwohl legitimer ausserparlamentarischer politischer Protest. Entscheidend ist also das Ziel und entscheidend ist auch, dass der Protest gewaltfrei abläuft.
Die Politik sollte solche Aktionen aushalten können
Die strafrechtlichen Konsequenzen der jetzigen Aktion auf dem Bundesplatz sind – wie gesagt – das eine. Aber die politische Schweiz sollte das aushalten. Wenn nun gleichwohl manche Parlamentarier kritisieren, die Protestierenden hätten den Bogen überspannt, deren Aktion sei kontraproduktiv und bewirke – wenn schon – das Gegenteil. So stellt sich die Frage: warum eigentlich?
Die Aktivisten auf dem Bundesplatz waren nicht gewalttätig; sie haben die Parlamentarier nicht am Betreten des Bundeshauses gehindert; sie waren auch nicht so laut, dass der Parlamentsbetrieb im Innern des Bundeshauses gestört worden wäre. Zwar räumten die Aktivisten den Platz nicht freiwillig. Nur eine Aktion des zivilen Ungehorsams ist eben auch immer eine Grenzüberschreitung, ein Ungehorsam; im Unterschied zum Polit-Betrieb im Innern des Bundeshauses. Zudem wäre den Aktivisten wohl auch vorgeworfen worden brav zu sein, wenn sie den Bundesplatz freiwillig geräumt hätten.
Insofern ist die Antwort auf die Frage, warum die Aktivisten den Bogen überspannt haben sollen, wohl eher bei den Parlamentarierinnen und Parlamentariern selber zu suchen. Vielleicht möchten sie einfach nicht unter Druck gesetzt werden. Aber als Politiker müssten sie das eigentlich aushalten.