Die EU will die Börsenäquivalenz nicht verlängern. Was heisst das für die Schweiz? «Das wäre aus Schweizer Sicht ein unfreundlicher Akt Brüssels, eigentlich eine Eskalation der ganzen Sache. Man darf daran erinnern, dass die EU auf technischer Ebene schon im vorletzten Jahr festgestellt hat, dass die Schweizer Börse eigentlich alle Kriterien erfülle, um dauerhaft anerkannt zu werden. Andere Drittstaaten wie die USA oder Australien haben damals die unbefristete Anerkennung erhalten, die Schweiz jetzt offenbar nicht. Das wäre eine reine Retorsionsmassnahme. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zwischen der EU und der Schweiz in den nächsten Wochen oder Monaten zu einem Rahmenabkommen kommt, ist unter diesen Umständen ganz massiv gesunken. Meteorologisch wird für die nächste Woche zwar die grosse Hitzewelle vorausgesagt, aber zwischen Bern und Brüssel dürfte es dann sehr sehr frostig werden.» (SRF-Bundeshausredaktor Philipp Burkhardt)
Wie kann sich die Schweiz wehren? «Zum einen hat sich das eidgenössische Parlament schon auf diesen Fall vorbereitet und vorsorglich beschlossen: Die zweite sogenannte Kohäsionsmilliarde an Staaten der EU unter diesen Umständen nicht auszubezahlen. Das würde wiederum die EU natürlich sehr ärgern. Zum Schutz der Schweizer Börse hat der Bundesrat bereits Ende November letzten Jahres eine Massnahme beschlossen, die jetzt aktiviert werden könnte. Vereinfacht gesagt, würde sie den Handel mit Aktien von Schweizer Gesellschaften an europäischen Börsen unterbinden, womit sich der Handel mit diesen Papieren von London von Frankfurt von Paris nach Zürich verlagern würde. Das Finanzdepartement kann diese Massnahme auslösen. Der Bundesrat ist dazu auch bereit, sie auszulösen wenn nötig, wie Regierungssprecher André Simonazzi heute Nachmittag an einer Medienkonferenz betont hat. Es ist allerdings bis zur Stunde noch nicht geschehen. Dem Bundesrat liege zurzeit keine offizielle Bestätigung aus Brüssel vor, dass die Börsenäquivalenz definitiv nicht mehr verlängert würde.» (SRF-Bundeshausredaktor Philipp Burkhardt)
Wie sieht der wirtschaftliche Schaden für die Schweiz aus? «Die Folgen sind schwer abschätzbar. Es gibt sicher auch Risiken für die Schweiz. Schweizer Aktien, gerade solche aus der zweiten Reihe, könnten für EU-Händler weniger attraktiv sein. Der eingeschränkte Börsen-Handel kann für beide Seiten keine Dauerlösung sein. Und das wird er auch nicht. Gut möglich, dass die EU schon bald wieder «Fortschritte» bei den Verhandlungen feststellt und die Börsenäquivalenz wieder gewährt.» (SRF-Wirtschaftsredaktor Andi Lüscher)