- Im Aargauer Dorf Merenschwand sind im Dezember 2019 sechs Brände gelegt worden.
- Am Dienstag stand ein 38-jähriger Mann wegen mehrfacher Brandstiftung und mehrfachem Hausfriedensbruch vor dem Bezirksgericht Muri (AG).
- Fünf der Brandstiftungen gibt der Angeklagte zu, die heftigste streitet er allerdings ab.
- Der Mann muss gemäss dem erstinstanzlichen Urteil vier Jahre ins Gefängnis. Die Strafe wird aber aufgeschoben, um die Alkoholsucht des Täters zu behandeln.
Die wichtigste Frage am Gerichtsprozess war: Hat der 38-Jährige auch eine Scheune und das angebaute Wohnhaus in Brand gesetzt und damit das Leben von Menschen in Gefahr gebracht?
Am 1. Dezember 2019 brannte in Merenschwand eine Scheune nieder und das angebaute Wohnhaus komplett aus. Die Bewohner konnten sich retten, aber das denkmalgeschützte Gebäude aus dem 16. Jahrhundert hat den Brand nicht überstanden.
Im Dezember 2019 brannten im 3500-Seelen-Dorf auch eine Sitzbank, ein ehemaliger Stall, eine Garage und der Kellerraum in einem Einfamilienhaus. Die Feuerwehr stand damals im Dauereinsatz. Die Polizei war rasch davon überzeugt, dass es sich um vorsätzlich gelegte Bränden handelte.
Kurz daraufhin wurden zehn Personen vorläufig festgenommen. Eine von ihnen kam in Untersuchungshaft; es war der 38-jährige Angeklagte. Er gibt zu, fünf Brände gelegt zu haben. Für den heftigsten Brand in der Serie will er aber nicht verantwortlich sein. Das betonte der Mann mehrmals vor Gericht.
Hat er mehr angezündet als er zugibt?
«Gestützt auf die bisherigen Ermittlungen der von der Kantonspolizei eingesetzten Sonderkommission besteht der dringende Verdacht, dass der Beschuldigte auch für den Brand vom 1. Dezember verantwortlich ist», heisst es in der Mitteilung der Aargauer Oberstaatsanwaltschaft.
Sie vermutet den 38-Jährigen hinter dem Brand und hat deshalb eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren beantragt. Die Verteidigung hingegen verlangte eine kürzere Freiheitsstrafe von 30 Monaten. Beide forderten eine Aufschiebung der Strafe zugunsten einer stationären Massnahme.
Ich war verzweifelt und frustriert.
Er habe damals aus Frust gehandelt und habe die Aufmerksamkeit gesucht, gab der Angeklagte vor Gericht an: «Ich war verzweifelt». Seine Lebenssituation habe ihn frustriert. Er hatte zuvor den Job verloren. Wegen einer Schulterverletzung konnte er nicht mehr im Gartenbau weiterarbeiten.
Zudem ist er Alkoholiker, sagt ein Gutachten. Dem stimme er zu, sagte der Angeklagte vor Gericht. Er befindet sich im vorzeitigen Strafvollzug und hat nach eigenen Angaben seit 14 Monaten keinen Alkohol mehr getrunken.
Die Verteidigung argumentierte im Zweifel für den Angeklagten. Man könne den Mann nicht für den Brand des Wohnhauses schuldig sprechen. Zudem seien die anderen Schäden gering und die Brandstiftungen als Hilfeschrei zu verstehen.
Keine Reue, aber eine zweite Chance
Am Dienstagabend hat das Bezirksgericht Muri entschieden: vier Jahre Freiheitsstrafe. Die Strafe fällt tiefer aus als es die Staatsanwaltschaft wollte. Sie ist aber auch höher als der Antrag der Staatsanwaltschaft. Für das Gericht sind die Beweise für den sechsten Brand nicht erbracht.
Allerdings habe der Mann eine ganze Region verunsichert und sich vor Gericht nicht aufrichtig entschuldigt, begründet das Gericht das Strafmass. Der Hilferuf des Täters sei erhört worden, er erhalte eine zweite Chance, hielt das Gericht in der Urteilseröffnung fest. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.