«Wir hatten Angst. Man wusste nicht, ob als nächstes Wohnhäuser brennen.» Auch nach einem Jahr hat die Bevölkerung die Brandserie im Solothurner Wasseramt nicht vergessen. «Mich beschäftigt, was nun mit dem Brandstifter passiert», sagt eine Frau im Dorfzentrum von Kriegstetten.
Es brennt jedes Wochenende
Angefangen hat es vor einem Jahr – zuerst am 3. April 2022 beim Clubhaus der Hornussergesellschaft Halten. Eine Woche später zerstört ein Feuer einen alten Bauernhof. Wieder ist es die Nacht von Samstag auf Sonntag.
Danach trifft es einen Stall, Waldhütten, noch einen Bauernhof und Werkstätten. Und am 21. Mai kommt Rauch aus dem Schulhaus Kriegstetten. Die Polizei geht bei allen Feuern von Brandstiftung aus.
Verschiedenste Gebäude brennen
Die Menschen in der Region haben Angst und sind wütend. Daran ändert auch nichts, dass die Polizei stark mit Patrouillen präsent ist. Einige junge Männer halten in der Nacht Wache.
«Bilden Sie keine Bürgerwehren!»
Die Kantonspolizei und die Gemeinden appellieren an die Bevölkerung, nicht zu Selbstjustiz zu greifen. Bürgerwehren und Ermittlungen auf eigene Faust könnten die Arbeit der Polizei behindern. Nach jedem Brand wird die Verunsicherung in der Region aber grösser. Der Druck auf die Polizei steigt.
Polizei nimmt Verdächtigen fest
Die Lage beruhigt sich erst, als die Behörden Ende Mai einen Erfolg vermelden können. Ein 33-jähriger Mann aus der Region wurde verhaftet. Der Schweizer gilt in der Brandserie als Tatverdächtiger. Nach seiner Festnahme hören die Brände im Wasseramt auf. Forderungen nach einer Bürgerwehr verstummen wieder. Der junge Mann ist laut «Blick» Angehöriger der Feuerwehr.
Für zwölf Brände ist der mutmassliche «Feuerteufel» laut Staatsanwaltschaft verantwortlich. Er wurde von Überwachungskameras in der Nähe der Feuer gefilmt. Der Mann streitet die Vorwürfe ab. Er wehrt sich gegen die Untersuchungshaft und wird im Oktober entlassen. Seitdem wird er mit einer GPS-Fussfessel überwacht. Wann ihm vor Gericht der Prozess gemacht wird, ist noch nicht bekannt.
«Diese Bilder vergisst man nicht»
«Ich hoffe, die Betroffenen sind beruhigt und können wieder ruhig schlafen», meint ein Passant ein Jahr danach in Kriegstetten. Vier der Brände ereigneten sich in dieser Gemeinde. Vier Mal brannte es in Obergerlafingen, drei Mal in Halten und ein Mal in Recherswil.
Völlig zerstört wurde unter anderem eine Schreinerei. Dem Besitzer gehe die ganze Sache immer noch sehr nahe. Das sagt Simon Mössinger, Präsident der Fasnachtszunft Herregääger Derendingen. Die Fasnächtler lagerten ihren Umzugswagen, die fertigen Kostüme, Masken und weiteres Material in einem Raum der Schreinerei. «Diese Bilder vergisst man nicht», so Mössinger.
Strafe ist keine Genugtuung
Der mutmassliche Brandstifter ist gefasst, er kommt vor Gericht. Können die Menschen in der Region damit einen Schlussstrich ziehen? Zum einen sei man froh, wenn ein Täter bestraft würde, meint Simon Mössinger. «Es bringt aber nicht retour, was alles passiert ist. Es bringt für mich auch keine wirkliche Genugtuung.» Und ein ungutes Gefühl bleibe zurück.
Die Schreinerei wurde nicht wieder aufgebaut, die Herregääger suchen immer noch eine neue Halle zum Wagen bauen. Die Versicherungen seien aber kulant gewesen, meint Simon Mössinger. Das war der Grundstock für die Fasnacht. Ihren verbrannten Wagen und die Kostüme wollten die Fasnächtler nicht noch einmal anfertigen. «Nach einer Krisensitzung war klar: Wir machen den ‹Phönix aus der Asche›»