- Gestern haben sich die Unterhändler der EU und des Vereinigten Königreichs auf eine Brexit-Anschlusslösung geeinigt.
- Der neue Freihandelsvertrag regelt die zukünftige Beziehung zwischen der EU und Grossbritannien.
- Wie hat sich die Schweiz, selbst kein EU-Mitglied, auf den Brexit vorbereitet?
«Mind the Gap – mind the Gap.» Wer in London schon einmal U-Bahn gefahren ist, kennt die Warnung. Bei jeder Haltestelle warnt die Stimme aus dem Lautsprecher vor der Lücke zwischen Zug und Perron.
Sieben Abkommen für die Zeit nach dem Brexit
Der Bundesrat hat seine Brexit-Strategie als «Mind-the-Gap»-Strategie bezeichnet. Er wollte die rechtlichen Lücken frühzeitig schliessen, bevor Grossbritannien aus der EU austritt. Denn mit dem Brexit regeln nicht mehr die bilateralen Abkommen mit der EU die Beziehung zu Grossbritannien.
So haben in den letzten drei Jahren Bern und London sieben Abkommen abgeschlossen, um die bilateralen Beziehungen nach dem Brexit zu regeln – in den Bereichen Handel, Verkehr und Transport, Versicherungen, Migration, Dienstleistungen und Verbrechensbekämpfung.
Beim Handel orientiert sich das neue Abkommen an den bisherigen bilateralen Verträgen. Da wurden die Verträge weitgehend repliziert, wie es in der Diplomatensprache heisst. Das bedeutet, die Schweizer Wirtschaft hat weiterhin einen geregelten Zugang zum britischen Markt, ähnlich wie zum EU-Binnenmarkt. Gleichzeitig wird es aber zusätzliche Formulare brauchen, wenn Waren gehandelt werden.
Komplizierter als bis anhin wird es, wenn Schweizer Firmen eine Britin oder einen Briten anstellen wollen. Da ab dem 1. Januar die Personenfreizügigkeit entfällt, gelten neu Obergrenzen für Arbeitsbewilligungen.
Neue Obergrenzen für Arbeitsbewilligungen
Damit Schweizer Firmen genügend britische Spezialisten anstellen können, hat der Bundesrat ein Spezialkontingent geschafften – maximal 3500 Britinnen und Briten dürfen nächsten Jahr neu in der Schweiz eine Arbeit aufnehmen. Gesuche müssen bei den Kantonen gestellt werden. Für Kürzestaufenthalte und Geschäftsreisen gelten aber einfachere Verfahren.
Wenn hingegen eine Schweizerin oder ein Schweizer nach Grossbritannien auswandern will, dann wird er nach einem neuen Punktesystem bewertet. Nur Spezialisten und Gutausgebildete erhalten genügend Punkte und können eine Arbeitsbewilligung erhalten. Wer schon in Grossbritannien lebt und arbeitet, darf aber bleiben. Gleiches gilt für Britinnen und Briten in der Schweiz.
Zölle: Die nächsten Tage bringen Klarheit
Trotzdem bleiben Lücken in den Verträgen zwischen Bern und London. Denn bei einzelnen Punkten mussten sich erst London und Brüssel einig werden, zum Beispiel bei Zollerleichterungen und -kontrollen. Das ist jetzt passiert. Die nächsten Tage werden zeigen, wie hier die Auswirkungen auf die Schweiz aussehen.
Der Bundesrat hat London schon früh signalisiert, dass er die Beziehung zum Vereinigten Königreich weiter ausbauen möchte. Unter dem Titel «Mind the Gap Plus» strebt er weitere Abkommen in den Bereichen Handel und bei Finanzdienstleistungen an.
Wer nach der Corona-Pandemie in Grossbritannien Ferien machen will, der muss man ab dem 1. Oktober 2021 einen Pass an der Grenze zeigen, eine ID reicht nicht mehr. Aber immerhin braucht es kein Visum, um in London mit der Untergrundbahn zu reisen.