Die Wildhut des Kantons Graubünden hat den Wolf schon seit mehreren Monaten beobachtet. In dieser Zeit habe das Tier öfters problematisches Verhalten gezeigt und sei gegenüber Menschen potentiell gefährlich gewesen, heisst es aus Chur. Die Wildhut hat den Wolf deshalb in der Nacht auf Freitag geschossen, ohne dass dafür die nötige Bewilligung des Bundes vorlag.
Der Wolf hat letztes Wochenende eine Person verfolgt.
Das Tier ist laut Adrian Arquint, Jagdinspektor des Kantons Graubünden, den Menschen immer näher gekommen. Es habe zuletzt einen Menschen unbemerkt verfolgt und sich längere Zeit im Abstand von zwei Metern zur Person aufgehalten. Es dürfte sich nach Einschätzung der Behörden um ein Einzeltier handeln.
Polizeiliche Generalklausel statt Abschussbewilligung aus Bern
Mehrere Versuche, den Wolf mit einem Telemetrie-Sender zu versehen und mit Gummischrot zu vergrämen, seien erfolglos geblieben. Deshalb habe man sich zum Abschuss entschieden, sagt Jagdinspektor Adrian Arquint. Das Tier sei in unmittelbarer Siedlungsnähe erlegt worden.
Die Bündner Wildhut stützt sich beim Abschuss auf die polizeiliche Generalklausel, die besagt, dass Behörden bei einer Gefahr für die Bevölkerung eigenmächtig handeln dürfen. Vorausgesetzt, es ist nicht ganz klar, wie man mit dieser Gefahr umgehen muss.
Graubünden spekuliert auf einen Präzedenzfall
Der Kanton Graubünden hat bereits im vergangenen Sommer angekündigt, dass man wenn nötig, einen Wolf schiessen und sich dabei auf die Klausel berufen werde. Der Kanton hofft, damit einen Weg gefunden zu haben, in Ausnahmesituation ohne Zustimmung des Bundes handeln zu können. Unklar ist, ob die polizeiliche Generalklausel im Bezug auf den Wolfsabschuss wirklich anwendbar ist. Regierungsrat Mario Cavigelli sagte damals auf Anfrage, man rechne fest damit, dass dieses Vorgehen angefochten und vor einem Gericht verhandelt wird. Die Bündner Regierung spekuliert also darauf, dass ein Präzedenzfall geschaffen wird.
Als erste Umweltorganisation hat Pro Natura auf den Abschuss reagiert. Man könne die Gründe für diesen Abschuss nachvollziehen, heisst es auf Nachfrage des Regionaljournals Graubünden.