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Bundesgericht schränkt freie Arztwahl ein
Aus Rendez-vous vom 11.11.2024. Bild: KEYSTONE/DPA/Christian Charisius
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Bundesgericht Wer «Ärztehopping» macht, kann zum Sparmodell verdonnert werden

Laut Bundesgericht dürfen Krankenkassen eine Erstanlaufstelle, einen sogenannten Gatekeeper, einsetzen, wenn die versicherte Person unkoordiniert ärztliche Leistungen in Anspruch nimmt, also Ärztehopping» betreibt.

Das ist der Fall: Eine Frau war bei der Helsana normal krankenversichert. Als die Frau zu verschiedenen Psychiatern ging und sich den Magen verkleinern liess, entschied die Helsana, Behandlungen nur noch zu bezahlen, wenn sie von einer Erstanlaufstelle (Gatekeeper) angeordnet werden. Die Krankenkasse verdonnerte die Patientin also zu einem Modell, das auf dem Markt als Sparmodell angeboten wird (Hausarzt-, HMO- oder Telmed-Modell) – obwohl sie die Prämien für die Standardversicherung mit freier Arztwahl bezahlt hatte.

Runder Empfang und Raum mit vielen Computern
Legende: Manche Patientinnen und Patienten nutzen Telemedizin-Angebote wie Medgate, um Prämien zu sparen. KEYSTONE/Georgios Kefalas

Das ist das Urteil: Das Bundesgericht gibt der Krankenkasse recht: Sie darf bei «Ärztehopping» einen Gatekeeper einsetzen. Das sei mit dem Grundsatz der freien Arztwahl vereinbar, so das Bundesgericht in seinem Leitentscheid.

So begründet das Bundesgericht sein Urteil: Im Gesetz steht zwar nirgends explizit, dass Krankenkassen Versicherte zum Gatekeeper-Modell zwingen dürfen. Das Bundesgericht stützt sich aber auf die allgemeine Formulierung, wonach Versicherungen nur für Behandlungen zahlen, die «wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich» sind. Im konkreten Fall kam ein Gutachten zum Schluss, dass die bisherige unkoordinierte Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen der Frau insgesamt keine wirksame und zweckmässige Behandlung sei.

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Bundesgericht mit Leiturteil bezüglich «Ärztehopping»
Aus Tagesschau vom 11.11.2024.
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Die Patientenorganisation spo bringt überraschend Verständnis auf für das Urteil: «Die freie Arztwahl kann auch überfordern», sagt Susanne Gedamke, Geschäftsführerin der spo. «Wir machen die Erfahrung, dass Erstanlaufstellen, also Gatekeeper, sehr hilfreich sein können für Patienten.» Sie stört sich aber daran, dass das Bundesgericht mit dem Finger auf sogenannte «Ärztehopper» zeigt. «Es ist ja nicht so, dass Patienten freiwillig zu vielen verschiedenen Ärzten gehen, sie machen das eher aus einer Hilflosigkeit heraus.» Für Patienten sei es schwierig zu beurteilen, welche Fachperson sie bräuchten.

Das sind die Auswirkungen des Urteils: Laut dem Krankenkassenverband Santésuisse haben die Krankenkassen jetzt ein Mittel in der Hand, um in Extremfällen intervenieren und Versicherte in ein Gatekeeper-Modell einteilen zu können, sodass unnötige Behandlungen verhindert würden. Um Gatekeeper-Modelle zum Standard für alle zu erklären – was Santésuisse auf politischer Ebene fordert – reiche das Urteil nicht aus, dafür brauche es Gesetzesänderungen.

Ein Mann mit einem Wirbelsäulenmodell in der Hand spricht mit einer älteren Frau
Legende: Ein Hausarzt erklärt einer Patientin die Funktionsweise der Wirbelsäule. Solche Gatekeeper können helfen, den richtigen Spezialisten auszuwählen. KEYSTONE/Gaetan Bally

Das sagt ein Experte: Der Sozial­ver­sicherungs­experte Thomas Gächter von der Universität Zürich rechnet nicht damit, dass die Krankenkassen nach diesem Urteil nun reihenweise Versicherte zu Gatekeepern schicken: «Das wird nur geschehen, wenn auffällig viele Rechnungen zu bezahlen sind, die darauf hindeuten, dass die medizinischen Leistungen nicht koordiniert erbracht werden.» Und das seien seltene Extremfälle.

Urteil des Bundesgerichts 9C_340/2024.

Rendezvous, 11.11.2024, 12:30 Uhr

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