Immer mehr Kantone haben oder planen Gesetze für die automatisierte Fahrzeugfahndung. Sie wollen also die Kennzeichen von vorbeifahrenden Autos filmen und diese automatisch mit Fahndungsregistern abgleichen. So merkt die Polizei sofort, wenn jemand ein gestohlenes Auto fährt oder ein gesuchter Mörder ist. Doch jetzt ist Schluss damit. SRF-Gerichtskorrespondentin Sibilla Bondolfi ordnet die Folgen des Leitentscheids ein.
Was hat das Bundesgericht entschieden?
Das Gericht hebt die Regelung zur automatisierten Fahrzeugfahndung sowie zum polizeilichen Informationssystem-Verbund im Luzerner Polizeigesetz auf. Zur automatisierten Fahndung sagt das Bundesgericht, der Kanton Luzern habe die Autos überwachen wollen, um schwere Straftaten verfolgen zu können. In diesem Bereich hätten die Kantone aber keine Gesetzgebungskompetenz. Die automatisierte Fahrzeugfahndung müsste vielmehr in der eidgenössischen Strafprozessordnung geregelt werden.
Was bedeutet das Urteil für die anderen Kantone?
Der Leitentscheid des Bundesgerichts bedeutet mehr oder weniger das Aus für die automatisierte Fahrzeugfahndung in der ganzen Schweiz. Ob und wann eine gesetzliche Grundlage in der eidgenössischen Strafprozessordnung geschaffen werden kann, steht nämlich in den Sternen. Mehrere Kantone könnten betroffen sein.
Das Urteil ist auch eine Absage an den schweizweiten automatisierten Austausch von Polizeidaten. Eigentlich planen Bund und Kantone eine polizeiliche Abfrageplattform, damit Behörden kantonsübergreifend ermitteln können, ohne ein Amtshilfegesuch stellen zu müssen. Im gleichen Urteil schmettert das Bundesgericht die gesetzliche Grundlage des Kantons Luzern für die Beteiligung an der Plattform ab. Das Gericht äussert auch Zweifel daran, ob ein polizeilicher Informationsverbund auf der Grundlage verschiedener kantonaler Gesetze «zielführend und praktikabel» umgesetzt werden könne.
Was heisst das konkret für die Fahndung bei der Strafverfolgung?
Aus Sicht von Strafverfolgungsbehörden ist das Urteil doppelt ärgerlich. Erstens können sie nicht mehr mittels automatischen Scannens der Autokennzeichen nach vermissten Personen oder gesuchten Straftätern fahnden. Zweitens bedeutet das Urteil eine massive Verzögerung – wenn nicht gar das Aus – für den automatisierten schweizweiten Austausch von Polizeidaten. Laut Polizeiexperten bräuchten die Ermittler aber dringend eine Übersicht über alle angezeigten Fälle, damit sie bei seriellen Verbrechen schnell reagieren können.