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Bundesrat im Kalten Krieg «Albert Bachmann war Drahtzieher bei den Exilvorbereitungen»

Während des Kalten Krieges traf die Schweiz Vorbereitungen, um die Landesregierung zu schützen. Dafür kaufte Oberst Albert Bachmann in Eigenregie ein Gutshaus in Irland. Titus Meier schrieb seine Doktorarbeit zum Thema Schweizer Widerstandsvorbereitungen für den Besetzungsfall. Er weiss, wie weit die Vorbereitungen fortgeschritten waren.

Titus Meier

Historiker

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Meier studierte an der Universität Zürich Geschichte, wo er im Anschluss auch seine Dissertation verfasste. Zudem ist er seit 2009 Grossrat im Kanton Aargau für die FDP.

SRF News: Wie weit waren die Vorbereitungen für ein Exil der Schweizer Landesregierung in Irland fortgeschritten?

Titus Meier: Mit «Liss Ard House» hatte man ein Haus, das 1977/78 gekauft worden war. Und man hat dort materielle Vorbereitungen getroffen. Man organisierte Dieselgeneratoren und stellte diese im Keller auf. Man machte Funkversuche, um zu sehen, wie die Funkverbindungen von Irland in die Schweiz sind. Und man wusste von Liegenschaften, wo man Leute unterbringen könnte, die mit dem Bundesrat zusammen ins Exil gegangen wären. In einem nahegelegenen Pub wurde eine grosse Küche eingebaut, mit der man mehr Leute hätte verpflegen können, als normalerweise in einem solchen Pub verkehren.

Der Bundesrat wusste nichts von den Vorbereitungen in Irland.

Und wie weit waren die Reisepläne schon ausgearbeitet?

Es gab Überlegungen, wie der Bundesrat im Kriegsfall aus der Schweiz nach Irland gebracht werden könnte. Man sagte: Am einfachsten durchquert man Frankreich bis zur Atlantikküste, oder man fährt ans Mittelmeer und gelangt danach mit dem Schiff nach Irland. Und man überlegte auch, wie man am besten in die Unterkunft käme und schaute verschiedene Abschnitte der Küste an – und suchte einen Abschnitt aus, der dünn besiedelt und mit Funkfeuer einfach zu erreichen war. Dort hätte man in der Nacht an Land gehen und den Bundesrat ins Exil bringen können.

Das tönt alles schon sehr konkret.

Ja. Doch auf der anderen Seite wusste man nicht: Ist der Bundesrat überhaupt einverstanden? Der Bundesrat wusste nichts von den Vorbereitungen in Irland. Er wusste, im besten Fall, dass es Exilvorbereitungen gab. Da waren verschiedene Departemente seit längerer Zeit dran. Aber Irland wurde vom sogenannten Spezialdienst, einer Sektion des Nachrichtendienstes der Schweizer Armee, vorangetrieben. Dies ohne ausdrücklichen Auftrag des Bundesrates.

Drahtzieher war Albert Bachmann, der Leiter des Spezialdienstes

Wie viele Leute waren in die Planung fürs Exil in Irland involviert?

Drahtzieher war Albert Bachmann, der Leiter des Spezialdienstes und Oberst im Generalstab war. Er hatte das Wissen und den impliziten Auftrag seines Vorgesetzten. Er hat mindestens ein Dutzend Leute eingeweiht, wenn nicht sogar mehr, die ihm gewisse Sachen hätten zuliefern können.

Woher stammte das Geld für den Kauf des Anwesens in Irland?

Aus Geheimhaltungsgründen wurde geschaut, dass möglichst keine Bundesmittel eingesetzt wurden. Bachmann fand mit der Schweizerischen Bankgesellschaft eine Bank, die die Idee unterstützte. Sie gab Geld für den Kauf des Hotels in Irland. Und das Zürcher Reisebüro Kündig konnte die Kontakte mit Schweizer Gästen abwickeln. Das waren die Finanzquellen. Und über die Vermietungen der Unterkünfte konnte man Geld einnehmen. An öffentlichen Geldern flossen 1978 und 1979 zweimal 50‘000 Franken ins Irland-Projekt, als Miete, bzw. Defizitgarantie für Liss Ard House. Oberst Bachmann sprach diese Gelder eigenmächtig aus dem Budget des von ihm geleiteten Spezialdienstes, was ihm später angelastet wurde. 

Wann wurden die Irlandpläne publik?

Die Vorbereitungen waren geheim, wurden allerdings 1979 bekannt, als ein Spezialdienstmitarbeiter, Kurt Schilling, in Österreich enttarnt und festgenommen wurde. Danach untersuchte die Geschäftsprüfungskommission des Parlamentes die Tätigkeit von Oberst Albert Bachmann und machte in ihrem Bericht nebenbei publik, dass es diese Exilvorbereitungen in Irland gegeben hat. Die Vorbereitungen waren kurz zuvor gestoppt worden, als Bachmann die Verantwortung für den Aufbau einer geheimen Widerstandsorganisation in der Schweiz entzogen worden war.

Das Interview führte Mario Gutknecht.

10 vor 10, 4.1.2024, 21:50 Uhr ; 

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