Sehr locker ist das Portemonnaie den Nationalrätinnen und Ständeräten in dieser Sommersession gesessen, so als wäre in den letzten zwei Corona-Jahren nichts geschehen. Für die Armee haben beide Räte eine Budgeterhöhung beschlossen, die ab 2030 bis zu vier Milliarden Franken zusätzlich kosten könnte – jährlich.
Um die Krankenkassenprämien weiter zu verbilligen, hat der Nationalrat 2.2 Milliarden Franken zusätzlich gesprochen – ebenfalls jedes Jahr. Für neue Klimaschutzmassnahmen sieht der Nationalrat im Zeitraum von zehn Jahren 3.2 Milliarden Franken vor.
Wir haben die Schuldenbremse, niemand will mehr Steuern bezahlen – und trotzdem beschliesst man Ausgaben am laufenden Band.
Bei alledem ist noch nicht berücksichtigt, dass für den Bund aufgrund des Ukraine-Kriegs erhebliche Zusatzkosten für Schutzsuchende aus der Ukraine entstehen. Für die etwas über 50'000 Geflüchteten zurzeit geht man von über eine Milliarde pro Jahr aus. Kommen noch mehr Menschen in die Schweiz, steigen die Ausgaben weiter an.
Alles in allem kommen auf den Bundeshaushalt bis in zehn Jahren so Zusatzbelastungen im Umfang von über sechs Milliarden Franken pro Jahr dazu. Das gehe so nicht, zieht nun Finanzminister Ueli Maurer gegenüber SRF News Bilanz: «Man hat den Bezug zum Geld völlig verloren. Wir haben die Schuldenbremse, niemand will mehr Steuern bezahlen – und trotzdem beschliesst man Ausgaben am laufenden Band.»
In zwei Wochen wird Maurer dem Bundesrat das Budget fürs nächste Jahr und den Finanzplan für die drei darauffolgenden Jahre vorlegen müssen. Es werde alles sehr eng werden, kündigt der Kassenwart des Bundes an: «Wir bringen gerade so ein Budget 2023 fertig und können die Schuldenbremse mit allen Kniffen einhalten. Für später sieht es aber relativ schlecht aus. Wir müssen hohe Defizite bereinigen, sonst können wir die Schuldenbremse nicht einhalten.»
Vorbei mit «Tischlein deck dich»
«Defizite bereinigen»: Das bedeutet, dass an anderen Orten deutliche Abstriche gemacht werden müssen, sobald die Beschlüsse des Parlaments anfangen, ihre Wirkung zu entfalten. «Zum Teil kann man das auf der Zeitachse nach hinten schieben. Dann werden die Bereiche, die nicht gebunden sind, unter die Lupe genommen.»
Also die Bildung, Entwicklungshilfe, Landwirtschaft oder Armee. «So viel lässt sich dort aber nicht einsparen. Es ist wohl am besten umzusetzen, wenn wir überall gewisse Kürzungen verlangen. Das ist möglich und wird wohl notwendig sein.»
Für die Aufrüstung der Armee und noch mehr Verbilligungen bei den Krankenkassenprämien müssten also alle anderen Bereiche des Bundeshaushalts bluten. Denn auf der Einnahmenseite dürften der Ukraine-Krieg und die damit verbundene Inflation zwei gegenläufige Tendenzen zur Folge haben.
Bei der Mehrwertsteuer erwartet Maurer aufgrund der höheren Preise eher zusätzliche Einnahmen. Bei den Gewinnsteuern der Unternehmen das Gegenteil: «Hier rechne ich eher mit einer Verflachung der Einnahmenkurve.»
Wir schwelgen im Überfluss, wenn ich rundherum schaue.
Für Maurer ist klar, dass die neue Ausgabenfreudigkeit des Parlaments nicht aufgehen kann: «Man kann sich das nicht leisten, und es ist auch nicht notwendig. Wir schwelgen im Überfluss, wenn ich rundherum schaue.»
Und so appelliert der Finanzminister an National- und Ständerat, bei ihren Plänen noch einmal über die Bücher zu gehen: «Tischlein deck dich, ich schnippe mit den Fingern und alles steht auf dem Tisch – diese Zeiten sind vorbei. Wir werden den Gürtel enger schnallen und uns überlegen müssen, wie wir das Geld ausgeben.»