- Der Bundesrat lehnt die Justizinitiative ab.
- Diese verlangt, dass Bundesrichterinnen und Bundesrichter per Los bestimmt werden.
- Nach Ansicht des Bundesrats würde das die demokratische Legitimation der Justiz und die Akzeptanz von Gerichtsurteilen schwächen.
«Die Initiative basiert auf dem Zufallsprinzip und wäre damit ein Fremdkörper in der Schweizer Rechtsordnung», sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter vor den Bundeshausmedien. Der Bundesrat hatte bereits im vergangenen November seine ablehnende Haltung zum Volksbegehren kundgetan, nun hat er die Botschaft zuhanden des Parlaments verabschiedet.
Für die Wahl ans Bundesgericht ist die Bundesversammlung zuständig. Der Bundesrat erinnert daran, dass das heutige Verfahren sprachliche, regionale sowie fachliche Kriterien berücksichtige. Ausserdem nehme die Bundesversammlung traditionsgemäss Rücksicht auf die Proporzansprüche der grossen politischen Parteien.
«Keine Auslosung wie bei der Fifa»
Bei Annahme der Initiative würde aus Sicht der Regierung nicht die bestgeeignete Person Richterin oder Richter, sondern wer bei der Losziehung Glück habe. Darunter leide die Akzeptanz der Urteile sowie die Glaubwürdigkeit der Institution, sagte Keller-Sutter. «Es geht hier nicht um eine Auslosung wie bei der Uefa oder Fifa.»
Der Bundesrat lehnt auch einen direkten oder indirekten Gegenvorschlag zur Initiative ab. Trotzdem habe sie grundsätzlich Verständnis für einige der Ziele und Anliegen der Initiantinnen und Initianten, sagte Keller-Sutter.
Der Bundesrat anerkenne beispielsweise «ein gewisses Spannungsverhältnis» zwischen einer unabhängigen Amtsführung und dem zurzeit praktizierten System, heisst es in der Botschaft. Problematisch sei beispielsweise der Druck, den Parteien und Parlamentsmitglieder auf die richterliche Unabhängigkeit ausüben könnten, wenn sie Richterinnen und Richtern mit der Nichtwiederwahl drohten, falls unliebsame Urteile gefällt würden.
Die Abschaffung der Wiederwahl nach bereits sechs Jahren und eine längere Amtsdauer könnten laut Keller-Sutter die Unabhängigkeit stärken. Zudem müssten künftig auch parteilose Kandidierende bessere Chancen haben, als Bundesrichterinnen und Bundesrichter gewählt zu werden. Die Initiative sei aber der falsche Weg.
Völlig offen sei etwa, ob und wie sich mit dem Losverfahren eine ausgewogene Zusammensetzung des Gerichts gewährleisten liesse – namentlich hinsichtlich des Geschlechts, der regionalen Herkunft sowie der politischen Grundhaltung. Zwar wäre bei einem Losverfahren über eine längere Zeitdauer eine gewisse Fairness gegeben, wie Susanne Kuster, stellvertretende Direktorin im Bundesamt für Justiz (BJ), zugab. «Kurzfristig wäre das Risiko aber sehr gross, dass es Ungleichgewichte im Gremium gäbe.»
Zudem gingen die Initianten von einer falschen Annahme aus, sagte Kuster. Die Parteiangehörigkeit an sich sei noch kein Befangenheitsgrund. Keller-Sutter ergänzte: «Wir sind alle nicht wertfrei, auch parteilose Personen nicht.»