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Bundesstrafgericht Mordprozess nach 29 Jahren – kurz vor Verjährung

Vor 29 Jahren wurde in Genf ein ägyptischer Diplomat ermordet. Jetzt steht der mutmassliche Schütze vor Gericht.

Wer hat den Diplomaten erschossen? Wer im November 1995 den ägyptischen Diplomaten Alaa al-Din Nazmi in einer Genfer Tiefgarage erschossen hat, blieb während Jahrzehnten ungeklärt. Dann der Durchbruch: Dank neuer Techniken konnten DNA-Spuren und Fingerabdrücke auf dem Schalldämpfer ausgewertet werden. Der Abgleich mit Datenbanken ergab einen Treffer: Ein italienisch-ivorischer Doppelbürger konnte als mutmasslicher Täter identifiziert und festgenommen werden.

Tram und Autos auf der Strasse
Legende: Eine Strassenszene 1995 in Genf, wo der ägyptische Diplomat erschossen wurde. (KEYSTONE/Str)

Jetzt kommt es zum Prozess: Ab Montag muss sich der mutmassliche Schütze vor Bundesstrafgericht in Bellinzona verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, im Auftrag unbekannter Personen gegen eine nicht näher bezifferte Summe Geld den Diplomaten erschossen zu haben. Ein klassischer Auftragsmord also.

Alte Fotografie einer Moschee
Legende: Blick in den Innenhof der Moschee in Petit-Saconnex, dem Genfer Quartier, in dem der Diplomat ermordet wurde. (KEYSTONE/Str) (KEYSTONE/Str)

Wer gab den Auftrag? Über die Identität und das mögliche Motiv der Hintermänner steht in der Anklageschrift kein Wort. Die Bundesanwaltschaft tappt offenbar im Dunkeln – oder hat zumindest keinerlei Beweise.

Ein Mann und eine Frau unterhalten sich in eleganter Umgebung
Legende: Der damalige ägyptische Präsident Hosni Mubarak unterhält sich 1999 in Davos mit der Schweizer Bundespräsidentin Ruth Dreifuss. (KEYSTONE/Patrick Aviolat)

Der politische Hintergrund: In den 1990er-Jahren gab es in Ägypten ideologische Konflikte und soziale Spannungen – unter anderem wegen der Liberalisierung der Wirtschaft und dem Frieden mit Israel. Der islamistische Terrorismus erreichte neue Dimensionen, sowohl im Land selber als auch international. Der damalige ägyptische Präsident Husni Mubarak setzte in vielen Botschaften Geheimdienstmitarbeiter ein, um gegen islamistische Kräfte in Europa vorzugehen.

Alte Fotografie eines Tempels in der Wüste mit Touristen
Legende: In den 1990er-Jahren erlebte Ägypten eine Welle von islamistischen Anschlägen. Besonders tragisch war das Massaker von Luxor im Jahr 1997, bei dem 58 Touristen – darunter 36 Schweizerinnen und Schweizer – brutal getötet wurden. (KEYSTONE/AP Photo/File/Frank Boxler)

Waren es die Muslimbrüder? Beobachter spekulieren, Islamisten hätten den Mord in Auftrag gegeben. Alaa al-Din Nazmi habe nämlich im Auftrag von Mubarak nach Geldflüssen der Muslimbrüderschaft in der Schweiz gefahndet. Mit dem Mord konnten die Auftraggeber nicht nur al-Din Nazmi stoppen, sondern zugleich andere davon abschrecken, den Spuren der Muslimbrüder in Europa nachzugehen.

Verrät er die Hintermänner? Auch wenn der mutmassliche Auftragsmörder dem Gericht die Namen der Hintermänner verraten würde, dürfte das nicht viel nützen. Es ist gut möglich, dass die Auftraggeber bereits tot sind. Und wenn nicht, wird die Zeit kaum reichen, sie rechtzeitig vor Gericht zu bringen: Der Mord an dem ägyptischen Diplomaten verjährt nächstes Jahr.

Echo der Zeit, 1.12.2024, 18:00 Uhr;stal

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