- Ignazio Cassis wollte in den Beziehungen zur EU den «Reset-Knopf» drücken. Das kündigte er vor seiner Wahl in den Bundesrat an.
- Nun verschärft er als Aussenminister den Ton: Die Schweiz könne gut auch ohne ein institutionelles Rahmenabkommen leben, erklärt er am WEF.
Nächsten Mittwoch will der Bundesrat seine Haltung gegenüber der EU klären. Brüssel verlangt den Abschluss eines institutionellen Rahmenabkommens, mit dem sich die Schweiz im Bereich des Marktzugangs der europäischen Rechtssprechung unterziehen und künftiges EU-Recht übernehmen soll.
«Kakophonie» ohne Zeitdruck beenden
Nach einem vierstündigen Treffen mit EU-Kommissar Johannes Hahn, dem Zuständigen für europäische Nachbarschaftspolitik, hält Aussenminister Ignazio Cassis vor den Medien fest, was klar nicht gehe: «Die Anbindung an fremde Gerichte, diese berühmten fremden Richter, das sind No-Gos – Wege, die wir nicht gehen können.» Hinzu käme die automatische Rechtsübernahme.
Wenn wir keine Lösung finden, ist das nicht das Ende der Schweiz.
«Diese institutionelle Anbindung wäre gegen die Genetik unseres Landes, das geht nicht», so Cassis. Das Ziel müsse sein, innerhalb der Schweiz rasch eine gemeinsame Position gegenüber der EU zu definieren und die bisherigen Misstöne, die «Kakophonie» zu beenden. Doch in Bezug auf die anstehenden Verhandlungen über ein Rahmenabkommen gebe es überhaupt keinen Zeitdruck. Darin seien sich Finanzminister Ueli Maurer und er absolut einig.
Wenn man mit der EU zu keiner Lösung komme, bedeute das nicht das Ende der Welt, macht Cassis klar: «Wenn man keine findet, ist das nicht das Ende der Welt.» Man befinde sich schliesslich nicht im Krieg.
Keine Mehrheit dafür im Volk spürbar
Er mahnt die EU-Vertreter: «Sie müssen einfach akzeptieren, was die Schweiz ist und wie sie tickt.» Denn, so Cassis weiter: «Wir können uns nicht Dinge vorstellen, bei denen wir klar spüren, dass es für sie keine Mehrheit gibt in der Schweiz. Wir sind eine direkte Demokratie, ganz einfach.»
Ein Nein zu einem Rahmenabkommen würde zwar ein Risiko beinhalten. Aber wenn das Schweizer Volk zum Schluss komme, es gebe in diesem Land andere Werte, die höher zu gewichten seien, dann «why not?», meint Cassis.
Wenn EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker behaupte, die Schweiz habe einen Abschluss der Verhandlungen bis im April zugesichert, dann habe er Bundesrätin Doris Leuthard beim Treffen im November gründlich missverstanden. Denn sie habe in Tat und Wahrheit Folgendes gesagt: «Wir meinen es ernst, aber das ist nicht realistisch.» Klartext aus Bern in Richtung Brüssel, geäussert in Davos.