Das Pflanzenschutzmittel Chlorothalonil ist seit 2020 in der Landwirtschaft verboten, weil es möglicherweise krebserregend ist. Trotzdem werden Rückstände im Trinkwasser nachgewiesen: In gewissen Regionen sind die Messwerte um ein Mehrfaches höher als erlaubt. In mindestens 12 Kantonen dürften die Grenzwerte im Grundwasser überschritten sein. Die Abbaustoffe von Chlorothalonil werden nur sehr langsam abgebaut.
Nun suchen immer mehr Kantone und Gemeinden nach Lösungen für belastetes Wasser, aber auch für Trockenperioden, in denen das Grundwasser knapp ist. Ein aktuelles Beispiel kommt aus dem Kanton Solothurn. Der Mittellandkanton hat flächendeckend viele Chlorothalonil-Rückstände im Grundwasser. Hier sind nicht nur Bäche, sondern auch die drei grossen Grundwasserströme der Emme, der Dünnern und der Aare belastet. Betroffen sind im Kanton Solothurn über 150’000 Einwohnerinnen und Einwohner.
Wasser aus zwei unabhängigen Gebieten
Künftig soll jede Solothurner Gemeinde im Kanton Wasser aus zwei voneinander unabhängigen Einzugsgebieten beziehen können, teilt der Kanton am Dienstag mit. Er spricht von einem Generationenprojekt. Wasser aus einem Kantonsteil soll bei Bedarf, bei Trockenheit oder belastetem Wasser in eine andere Region transportiert werden können. «Dazu sollen zwei bis drei neue Fassungen geschaffen und die Vernetzung der Wasserversorgungen umgesetzt werden», hält der Kanton fest.
Der Vorteil: Eine überregionale Vernetzung der Wasserversorgung senkt das Risiko, kein Wasser oder belastetes Wasser zu erhalten. Belastetes Wasser kann zum Beispiel mit sauberem Wasser verdünnt werden. Allerdings kostet das Ganze auch einiges: In der Hälfte der 107 Solothurner Gemeinden muss das Wassernetz erweitert werden. Der Kanton schätzt die Kosten auf total 120 Millionen Franken. Die Frage ist, wer das finanziert, Bund, Kantone oder Gemeinden.
Die Wasserversorger stehen unter Druck. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit gab ihnen zwei Jahre Zeit, um das belastete Trinkwasser wieder zu sauber zu bekommen. Die Gemeinden, die meist für die Wasserversorgung zuständig sind, müssen Lösungen finden, die auch langfristig funktionieren.
Unbelastete Trinkwasserressourcen sind im Kanton Solothurn nicht vorhanden.
Besonders schwierig ist es für die Solothurner Gemeinden, weil die Nachbargemeinden auch alle belastetes Wasser haben. «Aufgrund der flächigen Belastung kann nicht einfach einwandfreies Trinkwasser von Nachbarversorgungen bezogen werden. Bereits erschlossene und unbelastete Trinkwasserressourcen, die als Ersatzwasser oder zu Mischzwecken genutzt werden könnten, sind nicht vorhanden», schrieb der Verband der Einwohnergemeinden im November 2019 in einem Brief an den Bundesrat.
Die Solothurner Lösung ist nicht die einzige, die in Richtung Vernetzen der Wasserversorgung geht. Auch andere Gemeinden setzen auf grosse Wassernetzwerke, zum Beispiel das Projekt «Wasser 2035» im Aargauer Reuss- und Bünztal. Hier wollen 20 Gemeinden eine gemeinsame Wasserversorgung auf die Beine stellen. Das Projekt stockte, weil nicht alle Gemeinden im Boot waren. Unterdessen sind genug Gemeinden dabei, im Juni soll es einen bedeutenden Schritt weiter gehen.
Andere Gemeinden wiederum denken an den Bau von Trinkwasseranlagen, die Trinkwasser aus einem Schweizer See gewinnen können, analog den bestehenden Anlagen im Zürichsee, Vierwaldstättersee oder Sempachersee. Das gemeinsame Ziel all dieser Wasserprojekte: qualitative und quantitative Engpässe in der Trinkwasserversorgung verhindern.