Vielleicht hätte man es wissen können. Kurz nach seiner Abwahl als Bundesrat sagte Christoph Blocher der «Berner Zeitung», angesprochen auf das Ruhegehalt, «er werde eher nicht verzichten». Jetzt, gut zwölf Jahre später, hat Blocher sich entschieden, und er verzichtet tatsächlich nicht.
Klar ist: Blochers kumuliertes Ruhegehalt beträgt 2.7 Millionen Franken. Unklar ist, ob er es rückwirkend einfordern kann und ob er auch tatsächlich Anspruch auf die ganze Summe hat. Der Bundesrat hat Ja gesagt, abschliessend entscheiden muss die Finanzdelegation von National- und Ständerat. Spannender als die Rentenfrage ist die nach den Beweggründen für die Forderung und die Frage, weshalb Blocher sie gerade jetzt stellt.
Ablenkung von anderen Problemen der SVP
Glaubt man Blocher, macht er sich als bald 80-Jähriger heute mehr Gedanken über seine Rente als in der Vergangenheit. Zudem will er laut Interview mit der «Sonntagszeitung» dem Staat kein Geschenk machen. Beide Begründungen wirken wenig überzeugend. Sie befeuern einzig den Sturm der Entrüstung, der durch die sozialen Medien fegt, seit Blochers Ruhegehalt-Rückforderung bekannt wurde. Diese Reaktion war auch für Blocher vorhersehbar. Er hat sie in Kauf genommen, vielleicht sogar gesucht.
Blocher mag alt geworden sein, doch er denkt und handelt immer noch strategisch. Deshalb könnte seine Forderung ein klassisches Ablenkmanöver sein. Die SVP ist schon länger nicht in Bestform. Die Wahlen gingen verloren, die Suche nach einem neuen Präsidenten harzt, und die Umfragewerte für die Begrenzungsinitiative, über die im Herbst abgestimmt wird, sind schlecht.
Inszenierung als Opfer – ein bekanntes Schema
Blochers Forderung passt aber auch in ein grösseres Bild. Er wusste, dass er mit seinem Ansinnen negative Schlagzeilen machen wird. Genau das machen rechts-populistische Politiker in anderen Ländern auch. Diese Politiker suchen förmlich die Ablehnung der etablierten Medien, damit sie sich als Opfer der Mainstream-Medien darstellen können. Der Multimillionär hat sich immer gerne als einfachen Mann gesehen, als Kämpfer gegen das Establishment.
Genau das macht Blocher jetzt wieder, wenn er ohne Rücksicht auf einen Imageverlust Geld vom Staat fordert, dem er nichts schenken will. Er kann noch einmal in Erinnerung rufen, wofür er und seine SVP stehen, eine Partei, die sich nicht um ihren Ruf schert und schon gar keine Kompromisse eingeht.