Konflikte, Krieg, Klima: Die angespannte Weltlage zwingt immer mehr Menschen zur Flucht. Das spürt auch die Schweiz: Immer mehr Menschen suchen hier nach Schutz, die Bundesasylzentren sehen sich mit einer Belastungsprobe konfrontiert.
Gleichzeitig scheint eine Entlastung nicht in Sicht: Das Staatssekretariat für Migration (SEM) geht davon aus, dass in den kommenden Monaten die Zahl der Asylgesuche hoch bleiben dürfte. Die wahrscheinlichste Prognose: 27'000 Personen werden es wohl bis Ende Jahr sein.
«Derzeit sehe ich keine Lösung»
Dies setzt die Politik unter Zugzwang. Doch einen Notfallplan hat der Ständerat verworfen: Zur Debatte stand ein Kredit von 66.45 Millionen Franken – anfänglich waren es einmal 132.9 Millionen – für 3000 zusätzliche Unterbringungsplätze in temporär stationierten Wohncontainern. Diese sollten die Bundesasylzentren entlasten. Im Schweizer Asylsystem haben sie die Funktion eines Scharniers: Möglichst effizient sollen dort Fachpersonen entscheiden, wer in der Schweiz bleiben darf – und wer nicht.
Ständerätin Eva Herzog (SP/BS) ist mit dem Ratsentscheid unzufrieden. Klar wisse man nicht mit Gewissheit, ob die Prognose des SEM eintrete. Und doch: «Diejenigen, die gegen die Container gestimmt haben, nehmen ein Chaos in Kauf. Das finde ich verantwortungslos.» Sie sagt aber auch: «Derzeit sehe ich keine Lösung.»
Ähnlich argumentiert auch SEM-Staatssekretärin Christine Schraner Burgener und sagt zum Entscheid des Ständerats: «Wir haben bereits alle Optionen geprüft, sonst wären wir nicht auf diese Idee gekommen.» Nun müsse man wieder mit den Kantonen und der Armee diskutieren und nach Alternativen suchen. «Doch es wird schwierig», betont sie.
Mit Steuergeldern «verantwortungsvoll» umgehen
Der Entscheid des Ständerats war knapp. 23 Ratsmitglieder sagten Nein zum Kredit, 19 stimmten zu bei einer Enthaltung. Einer, der gegen die Containerlösung gekämpft hat, ist der St. Galler Mitte-Ständerat Benedikt Würth. Er sagt: «Unsere Aufgabe ist es, mit Steuergeldern verantwortungsvoll umzugehen.» Und solange man andere Optionen habe, solle man diese nutzen.
Würth sieht die Lösung des Problems darin, im Falle einer Überlastung der Bundesasylzentren die Zivilschutzanlagen der Kantone zu nutzen. Man habe «während Jahren» Milliarden in diese Zivilschutzanlagen investiert. Sie stünden der Bevölkerung für Notfälle zur Verfügung. «Es ist zumutbar, für eine Erstunterbringung diese Anlagen zu nutzen, wenn wir einen Notfall haben.»
So mache man es sich allerdings zu einfach, sagt SP-Ständerätin Herzog: «Die Zivilschutzanlagen sind die Reserven der Kantone.» Diese Anlagen seien dafür vorgesehen, Schutzbedürftige, welche von den Bundesasylzentren an die Kantone verwiesen werden, zu beherbergen – und nicht als Warteraum gedacht, um einen Asylentscheid abzuwarten. Dies geschieht in den Bundesasylzentren. Herzog spricht entsprechend von einer «Doppelbelegung».
Sehr wahrscheinlich ist derweil, dass der Politik der Entscheid nicht abgenommen wird. Gemäss Schraner Burgener könnten in diesem Jahr sogar 30'000 Asylgesuche gestellt werden. Klar ist vor allem auch, dass es sich bei den Gesuchstellerinnen und Gesuchstellern häufig um Menschen handelt, die eine teils traumatische Flucht hinter sich und einen gesetzlichen Anspruch auf eine adäquate Unterbringung und Rechtsberatung haben.