Vor einer Woche wurde die 3-Millionen-Marke geknackt. Täglich werden über 60'000 Dosen verabreicht. Die Impfstrategie kommt also langsam auf Kurs. In einer ungewöhnlichen Berufsgruppe scheint es aber zu hapern: beim Pflegepersonal.
Laut NZZ am Sonntag haben sich im Kanton Zürich nur rund die Hälfte der Pflegenden impfen lassen. Ähnliche Zahlen haben mehrere Deutschschweizer Heime und Spitäler auf Nachfrage des SRF bestätigt.
Meinung des Verbandes
Beim Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner SBK wehrt man sich. «Wir haben keine verlässlichen Zahlen über die effektive Impfbereitschaft oder -quote der Pflegenden», meint Geschäftsführerin Yvonne Ribi.
Ausserdem müsse man bedenken, meint Ribi, dass viele Pflegende mittlerweile schon einmal infiziert waren. Das verzögere eine mögliche Impfung. Und lange Zeit seien Impfungen gar nicht verfügbar gewesen.
Allgemeine Impfbereitschaft steigt
Genaue Zahlen gibt es zur Impfbereitschaft der breiten Allgemeinheit. Eine Umfrage der Universität Zürich dementiert die Befürchtungen einer grossen Impfskepsis. Vielmehr nimmt das Vertrauen in die Impfung sogar zu. Seit letztem September ist der Anteil der Geimpften und Impfwilligen von 45 Prozent auf fast 80 Prozent gestiegen.
Indizien für generelle Impfskepsis bei Pflegenden gibt es aber trotzdem: bei der Grippe. Letztes Jahr hat eine Erhebung von SRF Data gezeigt, dass sich im Winter 2019/2020 durchschnittlich nur gerade 30 Prozent der Pflegenden in Spitälern gegen die Grippe impfen liessen.
Gefahr bei Pflegenden
Bei Corona sähen die Zahlen aber besser aus als bei der Grippe-Impfung, meint Christoph Berger. Trotzdem würde sich der Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen eine mindestens gleich hohe Impfbereitschaft wie bei der restlichen Bevölkerung wünschen.
Wir brauchen jede und jeden.
Die Immunität des Gesundheitspersonals sei während einer Pandemie essenziell. «Das ist eine Belastungsprobe. Wir brauchen die volle Kapazität im Gesundheitswesen», meint Berger. Wenn Pflegende in Isolation und Quarantäne müssen, sei man weniger leistungsfähig. «Wir brauchen jede und jeden.»
Information statt Druck
Die Pflegenden könnten vom Arbeitgeber oder Kanton zur Impfung verpflichtet werden. Und auch der Bund darf laut Epidemiengesetz ein Obligatorium für bestimmte Personengruppen erlassen, sofern die Volksgesundheit gefährdet ist.
Wichtig ist, dass sich die Pflegenden gut informieren, auf wissenschaftlicher Basis ihren persönlichen Impfentscheid treffen.
Beim Berufsverband SBK setzt man den Fokus aber auf Freiwilligkeit. «Wichtig ist, dass sich die Pflegenden gut informieren, auf wissenschaftlicher Basis ihren persönlichen Impfentscheid treffen», sagt Yvonne Ribi, «und sich schützen können vor dem Virus.»
So hat das SBK diesen Mittwoch eine Art Sprechstunde mit der Virologin Anne Iten des Universitätsspiels Genf organisiert. Rund 3000 Pflegende haben sich angemeldet, um online einem Referat zu lauschen und Fragen zu stellen.