- Parlamentarier reagieren auf die offenbar gezielten Indiskretionen zu den Corona-Massnahmen aus dem Departement von Alain Berset, welche die «Schweiz am Sonntag» am Samstag publik gemacht hat.
- Der Vizepräsident der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats, Werner Salzmann (SVP/BE), will Berset zu einer Anhörung vorladen.
- Weitere Parlamentarier kritisieren Alain Berset.
Im Zusammenhang mit der Weiterleitung von vertraulichen Informationen zu geplanten Covid-Massnahmen aus dem Departement des Innern an den Ringier-Verlag (Blick) hat die «Schweiz am Wochenende» am Samstag Auszüge aus Einvernahmeprotokollen von Bundesrat Alain Berset und E-Mails seines damaligen Kommunikationschefs Peter Lauener veröffentlicht.
Jetzt reagieren Parlamentarier auf das Bekanntwerden dieses offenbar systematischen «Corona-Lecks». Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats werde Bundesrat Alain Berset zu einer Anhörung einladen, sagt Kommissions-Vizepräsident Werner Salzmann (SVP/BE) gegenüber SRF: «Schlussendlich geht es um ihn, um seine Direktion, und er muss und darf dann seine Stellungnahme abgeben.»
«Nahe an Entscheidung für eine PUK»
Das Vertrauen in das Gesundheitsdepartement sinke auf den Nullpunkt, sagt Salzmann. Jetzt müsse die GPK Anhörungen mit Sonderermittler Peter Marti, mit Bundesrat Alain Berset und dem ehemaligen Kommunikationschef Peter Lauener durchführen. Allenfalls werde sogar eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) nötig. «Wenn stimmt, was in der Presse steht, dann sind wir nahe dran an der Entscheidung, dass wir eine PUK brauchen.»
Noch nicht so weit gehen möchte der Präsident der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats, Mathias Michel (FDP/ZG). Auch er findet es zwar höchst problematisch, wenn Medien und die Bundesverwaltung auf diese Weise mit Indiskretionen zusammenarbeiten würden.
Es sei aber seit längerem eine Untersuchung der GPK-N zum Thema Indiskretionen im Zusammenhang mit Bundesratssitzungen am Laufen: «Wir starten jetzt wahrscheinlich nicht parallel noch eine separate Untersuchung, denn das Thema haben wir auf dem Radar.»
«Nicht plausibel» und «keine seriöse Arbeit»
Nationalrat Alfred Heer (SVP/ZH) verlangt gar: «Wenn Herr Berset nicht zurücktritt, dann müssen wir diesen Fall untersuchen. Ich werde in der GPK auch einen Antrag stellen, dass wir diesen E-Mail-Verkehr zwischen Herrn Lauener und der gesamten Ringier-Presse und allenfalls von Herrn Berset einfordern.» Dass Bersets Departement den Bundesrat erst nach den Medien informiert habe, verstosse gegen das Kollegialitätsprinzip, sagte er SRF.
Katharina Prelicz-Huber (Grüne/ZH), auch in der GPK-N, verteidigt Berset. Ihr komme es eher wie eine Kampagne gegen ihn vor. In der Pandemie sei es wichtig gewesen, die Bevölkerung regelmässig zu informieren, denn alle seien verunsichert gewesen.
In der «Sonntagszeitung» sagt Ständerat Andrea Caroni (FDP/AR), er finde Bersets Aussagen im Strafverfahren, er wisse nicht, weshalb Lauener Ringier mit Informationen versorgt habe, «nicht sehr plausibel». Es gehe um die Frage, was der Bundesrat tatsächlich wusste. «Wenn Berset wirklich nichts mitbekommen hat, wäre das wiederum ein Führungsversagen.»
Der Ringier-Verlag hat zu den Vorwürfen wie folgt Stellung genommen: «Weder Ringier noch Mitarbeitende sind Beschuldigte in diesem Verfahren.» Ringier kooperiere mit den zuständigen Behörden, unter Wahrung des Quellenschutzes.
Berset: «Illegale Indiskretionen»
Bundesrat Alain Berset ist gegenüber der Sendung «Forum» des französischsprachigen Radios RTS zum Gegenangriff übergegangen. Für ihn ist nicht der enge Kontakt seines Departements zu Ringier der Skandal, sondern die «illegalen Indiskretionen» durch die Veröffentlichung der E-Mails und der Einvernahmeprotokolle. «Stellen Sie sich die Situation vor: Ich müsste jetzt damit beginnen, mich zu illegalen Leaks zu äussern. Das ist ein ziemlicher Skandal, da derzeit ein Strafverfahren läuft, das nicht gegen mich gerichtet ist.»
Inhaltlich ging Berset im «Forum» nicht auf die Vorkommnisse ein, weil es sich um ein laufendes Strafverfahren handle.
Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.