Während der Corona-Pandemie soll es zu intensiven Kontakten zwischen dem Innendepartement von Bundesrat Alain Berset und dem Verlagshaus Ringier gekommen sein. Konkret steht der – noch nicht gerichtlich geklärte – Verdacht im Raum, Bersets damaliger Kommunikationschef Peter Lauener könnte die Zeitung «Blick» mit vertraulichen Informationen zur Corona-Politik versorgt haben – im Austausch für eine wohlwollende Berichterstattung.
Diese Vorwürfe untersucht derzeit die Bundesanwaltschaft. Allerdings sind die Nachrichten von Peter Lauener momentan versiegelt. Das Berner Zwangsmassnahmengericht muss entscheiden, ob das Material bei den Ermittlungen verwendet werden darf. Es ist umstritten, ob der Staat auf legitime Weise an das Material gekommen ist oder nicht.
Der Entscheid des Gerichts ist politisch wichtig: Nur wenn entsiegelt wird, kann die Bundesanwaltschaft weiter zu den Corona-Leaks ermitteln. Doch die Öffentlichkeit wird von dem brisanten Entscheid nichts erfahren. Urteile von Zwangsmassnahmengerichten sind in fast allen Kantonen geheim.
Mangelnde Transparenz
Der Rechtsanwalt Viktor Györffy von der «Digitalen Gesellschaft», die sich für die Meinungs- und Informationsfreiheit einsetzt, findet die mangelnde Transparenz über diesen Einzelfall hinaus problematisch. In der Causa Lauener sei die Geheimniskrämerei politisch relevant, bei anderen Fällen sei die fehlende Öffentlichkeitskontrolle vor allem deshalb problematisch, weil in einem sensiblen Bereich entschieden werde. Zwangsmassnahmengerichte ordnen beispielsweise Haft oder Überwachungen an oder sperren Konten.
«Die Entscheide von Zwangsmassnahmengerichten können Existenzen vernichten», so Györffy. Dann zum Beispiel, wenn Bankkonten über Monate blockiert werden oder eine Familienernährerin in Haft genommen wird. Da wäre eine Kontrolle durch die Öffentlichkeit besonders wichtig.
Urteil könnte doch an Öffentlichkeit gelangen
In der Bundesverfassung steht eigentlich: Gerichtsverhandlungen und Urteilsverkündungen sind öffentlich. Aber: Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen. Laut Györffy ist noch nicht abschliessend geklärt, wie die Bundesverfassung in Bezug auf Zwangsmassnahmengerichte zu verstehen ist. Laut der «Digitalen Gesellschaft» sollten die Urteile öffentlich sein.
Anders das Berner Zwangsmassnahmengericht: Es teilt auf Anfrage mit, es könne keine Auskunft erteilen. Die Verfahren vor den Zwangsmassnahmengerichten seien gemäss Strafprozessordnung nicht öffentlich. Das Gericht will nicht einmal verraten, ob es bereits entschieden hat oder nicht. Da es gemäss Gesetz eigentlich nur 30 Tage Zeit dafür hätte, ist es gut möglich, dass der Entscheid bereits gefällt ist.
Vielleicht erfährt die Öffentlichkeit auf anderem Weg davon. Peter Lauener selbst dürfte das Urteil nämlich öffentlich machen. Ob er dies vorhat, ist offen. Weder er noch sein Anwalt waren für eine Stellungnahme erreichbar.
Ganz geheim halten kann das Zwangsmassnahmengericht seinen Entscheid allerdings nicht. Früher oder später wird sich die Öffentlichkeit – zumindest indirekt – doch noch zusammenreimen können, ob das Gericht entsiegelt hat oder nicht. Dann nämlich, wenn die Bundesanwaltschaft das Verfahren über die Corona-Leaks einstellt – oder aber Anklage erhebt.