Bei der heutigen Bundesratssitzung – der ersten ordentlichen Sitzung nach vier Wochen – steht einmal mehr die Pandemie im Vordergrund. Die Forderung steht im Raum, die Quarantänedauer nach einem Kontakt mit infizierten Personen weiter zu verkürzen – oder sogar ganz aufzuheben. Wirtschaftskreise und wirtschaftsnahe Politiker befürchten ansonsten Engpässe in Industrie und logistischer Versorgung.
Rückenwind erhalten die Forderungen durch die Tatsache, dass die Ansteckungswelle mit der Omikron-Variante des Coronavirus bisher nicht zu mehr Spitaleinweisungen geführt hat, obschon die Infektionszahlen durch die Decke gehen. Und: Sogar Taskforce-Präsidentin Tanja Stadler sprach sich am Dienstag für die Möglichkeit einer Verkürzung der Quarantänedauer von derzeit sieben auf fünf Tage aus.
Hinter der Forderung stehen auch Albert Rösti, SVP-Nationalrat und dort Präsident der Gesundheitskommission, sowie sein Kollege Erich Ettlin von der Mitte-Partei, der die ständerätliche Gesundheitskommission präsidiert. «Die einfachen Massnahmen – Maskentragen, Abstand halten und Händewaschen – muss man weiterführen. Die Quarantäne muss gelockert werden», sagt Rösti.
Quarantäne gleich ganz abschaffen?
Rösti hofft sogar, dass der Bundesrat die Quarantäne gleich ganz abschafft. «Es fehlen Arbeitskräfte – deshalb sollte man vermeiden, dass kerngesunde Leute zu Hause bleiben müssen», sagt der SVP-Nationalrat. Andernfalls entstünden in vielen Bereichen der Arbeitswelt schon bald massive Probleme.
Weil Omikron viel weniger schwere Krankheitsverläufe verursache, sollte man laut Rösti sogar über eine Abschaffung der Isolation für infizierte Personen ohne schwerwiegende Symptome sprechen.
Ausserdem erwartet Rösti, dass der Bundesrat jetzt eine Strategie zum Ausstieg aus den Corona-Massnahmen wie 2G in Restaurants und andernorts definiert. «Diese muss langfristig halten», betont Rösti. Dazu gehört für den SVP-Politiker auch ein Ausbau der Spitalkapazitäten. Denn man werde auch in Zukunft mit dem Coronavirus leben müssen, und es werde neue Krankheitswellen geben.
Auf die Spezialisten hören
Mitte-Ständerat Erich Ettlin seinerseits geht davon aus, dass der Bundesrat die Quarantänedauer am Mittwochnachmittag verkürzen, aber nicht ganz aufheben wird. «Ich hoffe, dass die Problematik der Arbeitsausfälle dadurch etwas reduziert wird.»
Bei der Einschätzung der Situation müsse man sich auf die Spezialisten verlassen, so Ettlin. Und weil die Taskforce-Chefin gesagt habe, eine Verkürzung sei angesichts der meist milderen Verläufe mit Omikron auch aus wissenschaftlicher Sicht möglich, könne dieses Risiko wohl eingegangen werden.
Eine vollständige Abschaffung der Quarantäne hält Ettlin dagegen «zum jetzigen Zeitpunkt» für verfrüht. Denn man wisse derzeit nicht, wie stark die Ansteckungszahlen in den nächsten Wochen noch steigen werden. Falls diese nochmals massiv ansteigen im Vergleich zu heute, könne eine vollständige Abschaffung der Quarantäne den Anstieg nochmals verstärken, sagt Ettlin.
Schweiz macht das Richtige
Insgesamt beurteilt der Mitte-Politiker das Vorgehen der Schweiz in der Pandemie bislang als «richtig und angemessen» – «vor allem, wenn man die Situation in den Nachbarländern vergleicht, die trotz schärferen Massnahmen nicht überall eine bessere Situation haben».
Der Massstab bleibe die Auslastung der Spitäler, deshalb brauche es jetzt keine Verschärfungen, so Ettlin. Vielmehr solle die Schweiz ihren Weg fortsetzen.